Vom Spital ins All: Auch eine Perspektive für Ärzte

Der Berner Mediziner Marco Sieber wird der zweite Schweizer Astronaut nach Claude Nicollier.

, 22. April 2024 um 14:07
image
ESA-Astronaut  |  Bild: PD European Space Agency.
Die Schweiz hat 25 Jahre nach Claude Nicollier wieder einen Astronauten: Der Berner Marco Sieber wurde am Freitag von der European Space Agency als Astronaut brevetiert. Wann er in den Weltraum fliegen wird, ist noch unklar – es dürfte zwischen 2026 und 2030 sein.
Sieber, 35, hatte sich mit fünf anderen Kandidatinnen und Kandidaten unter 22’500 Bewerbern durchgesetzt. Bemerkenswert dabei: Sieber ist Arzt. Noch bis im Januar war er offiziell Assistenzarzt in der Urologie des Spitalzentrums Biel.
Sieber studierte in Bern – wobei er 2016 die beste schriftliche Prüfung im Medizinstudium der Uni Bern ablegte. Seine Berufskarriere begann er in der Chirurgie des FMI-Spitals Interlaken, danach folgte ein Kfor-Einsatz, bevor er 2018 in den Notfall der Inselgruppe und bald darauf in die Anästhesie in Interlaken wechselte.
«Meine erste Stelle auf der Chirurgie des Spitals ­Interlaken hat mich gelehrt, unter Druck zu arbeiten und Prioritäten zu setzen», sagte Sieber letztes Jahr in einem Interview mit «doc.be», dem Magazin der Berner Ärztegesellschaft, zum Nutzen seiner Ausbildung für den Weg in den Weltraum. «Wenn die Notfallstation im Winter überbordete, war es essenziell, Situationen abschätzen zu können und die zu priorisierenden Patientinnen und Patienten zu erkennen. Zusätzlich wird die Fähigkeit des notwendigen Multi-Taskings verbessert, wenn man mehrere Probleme gleichzeitig lösen muss und konstant das Telefon klingelt. Im Bereich der Notfallmedizin und Anästhesie habe ich zudem gelernt, Situationen zügig zu analysieren, schnell Entscheidungen zu treffen und entsprechend zu agieren.»

Üben mit Da Vinci

Weitere ärztliche Stationen führten ihn dann in die Urologie des Spitalzentrums Biel sowie zu Air-Glaciers, wo er nebenamtlich als Notarzt tätig war. «Auf der Urologie wurde ich an das Operieren herangeführt, was meine manuellen Fertigkeiten und mein räumliches Vorstellungsvermögen massgeblich verbesserte», so Sieber im «doc.be»-Interview: «In Biel arbeiteten die Chefärzte und Leitenden Ärztinnen und -ärzte zusätzlich mit dem ­Da-Vinci-Roboter, was uns Assistenzärzten erlaubte, die Maschinen kennenzulernen und beim Prozess zu assistieren – meine Master- und Doktorarbeit habe ich auf diesem Gebiet geschrieben.»
Er habe seine Karriere und seine Fächerwahl nie dem Traum, Astronaut zu werden, untergeordnet – aber präsent war dieser Wunsch doch stets. «Teilweise hätte es sicherlich Fächer oder Arbeitsstellen gegeben, die man eher hätte wählen können, um die eigenen Chancen zu verbessern. Ich wählte aber immer nach meinen Wünschen und nicht gemäss potenziellen Vor- oder Nachteilen für die Bewerbung bei der ESA.»
Und doch klappte es. Im März 2023 begann Dr. Sieber in Köln seine Ausbildung als Astronaut der European Space Agency.
  • ärzte
  • spitalzentrum biel
  • Spitäler FMI
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Thierry Carrel: «Für Kranke ist Hoffnung zentral»

Der Herzchirurg findet, neben dem Skalpell sei die Hoffnung eines seiner wichtigsten Instrumente.

image

Ein Walliser wird Chefarzt am Inselspital

Der Nachfolger von Klaus Siebenrock als Chefarzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie heisst Moritz Tannast.

image

In der Schweiz sind 1100 Ärzte mehr tätig

Die Arztzahlen in der Schweiz haben ein neues Rekord-Niveau erreicht: Es gibt nun 41'100 Berufstätige.

image

Der Erfinder des Ledermann-Implantats ist tot

Er war ein bekannter Implantologe, später auch Hotelier und Schriftsteller. Nun ist Philippe Daniel Ledermann 80-jährig gestorben.

image

Bern: 100 Millionen, um die Spitäler zu stützen

Die Kantonsregierung plant einen Finanzschirm, damit Listenspitäler im Notfall gerettet werden können.

image

Ärzte in der Krise: Immer mehr suchen Unterstützung

Zu viel Arbeit, Burn-Out, Angst, Selbstzweifel und Depression: Das sind die fünf Hauptgründe für Ärzte und Ärztinnen, sich Hilfe bei der Remed-Hotline zu holen.

Vom gleichen Autor

image

Spitalkrise? Thurmed bezahlt sogar Dividenden

Die Thurgauer Kantonsspital-Gruppe durchlebt zwar ebenfalls ein schwierige Zeit. Sie kann aber immer noch einen namhaften Gewinn vermelden.

image

Endokrinologie und Infektiologie: Teamwork von Zürich und Dresden

Die TU Dresden, die ETH und die Universität Zürich starten eine enges Forschungsprojekt zu Infektionsmedizin und zur Erforschung von Stoffwechselprozessen.

image

Auch im Wallis sollen Apotheker freier Medikamente abgeben können

Dabei geht es nicht nur um tiefere Kosten – sondern auch um die Versorgung in Gegenden mit geringer Ärztedichte.