Deutsche Mediziner kritisieren die Tabakindustrie: Sie finanziere Studien zu E-Zigaretten und beschönige gezielt die schädlichen Auswirkungen von regelmässigem Tabakkonsum. Dies, obwohl wissenschaftlich erwiesen sei, dass Tabak süchtig und krank mache und auch soziale Missstände wie Armut begünstigen könne.
So sollen Ärzte unabhängig bleiben
Nun haben 16 Ärztegesellschaften und Gesundheitsorganisationen unter der Federführung der Lungenärzte neue Handlungsempfehlungen im Umgang mit den Tabakfirmen festgelegt. Die beteiligten Fachgesellschaften
- lehnen Geld- oder Sachzuwendungen der Tabakindustrie ab,
- kooperieren nicht mit Personen und Organisationen, die von der Tabakindustrie gefördert werden oder deren Interessen fördern,
- verlangen die Offenlegung von Beziehungen zu Tabakunternehmen.
So will die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) dem Einfluss der Tabaklobby begegnen und die Unabhängigkeit der Ärztinnen und Ärzte wahren.
«Die Strategien der Tabakindustrie»
Sie wollen sich gegen die «aktuellen Strategien» der Tabakindustrie stellen. «Dazu zählt zum Beispiel, dass Tabakunternehmen die Grenze zu kommerziellen Tabak- oder Nikotinerzeugnissen verwischen – eine sogenannte «Pharmazeutisierung».
Eine weitere Strategie sei, vermeintlich weniger schädliche neue Produkte auf den Markt zu bringen und Studien zu deren Auswirkungen zu fördern. Eine Metastudie zeigt, dass durch die Tabakindustrie geförderte Studien über E-Zigaretten wesentlich seltener potenziell schädliche Effekte und Substanzen vorweisen als solche Studien, die nicht gefördert wurden. DGP-Präsident Wolfram Windisch betont: «Die Einflussnahme der Tabakindustrie darf uns als Medizinern nicht egal sein.»
«Schon vor mehr als 70 Jahren hat die Tabakindustrie damit begonnen, Einfluss auf die Politik, das Gesundheitswesen und die Gesellschaft zu nehmen. In einem Rahmenabkommen fordert die Weltgesundheitsorganisation WHO die Vertragsstaaten deswegen dazu auf, diesen Einfluss weiter zu minimieren», schreibt die DGP in ihrer Mitteilung.
Deshalb seien die neuen Empfehlungen entstanden, erklärt Stefan Andreas, Sprecher der DGP-Sektion Tabakprävention und Gesundheitsfürsorge sowie Chefarzt der Lungenfachklinik Immenhausen.
Die Initianten des Kodex: Wolfram Windisch, Präsident der Lungenfachärzte (links) und Stefan Andreas, Sprecher der DGP-Sektion Tabakprävention und Gesundheitsfürsorge. | zvg