Werden Mammografien wegen Tardoc unrentabel?

Laut einer SP-Nationalrätin droht nun ein Rückgang bei den Mammografie-Screenings. Der Bundesrat widerspricht.

, 22. August 2024 um 06:59
image
SP-Gesundheitspolitikerin Brigitte Crottaz befürchtet längere Wartezeiten bei Mammografien. | Screenshot: www.parlament.ch
Die Waadtländer SP-Nationalrätin Brigitte Crottaz befürchtet, dass private Radiologie-Institute künftig das Interesse verlieren, Mammografien durchzuführen. Die öffentlichen Einrichtungen müssten daher in die Bresche springen – doch die stiessen ihrerseits bereits an ihre Kapazitätsgrenzen.
Ursache der Befürchtung ist die neue Tarifstruktur Tardoc. In einer Interpellation schreibt Brigitte Crottaz, dass mit dem Tardoc die Vergütung der radiologischen Untersuchungen mit Mammografien «massiv gesenkt werden». Ein beidseitiges Screening mit Erstbeurteilung werde im Tardoc mit 78,46 Taxpunkten vergütet. Gegenüber den 150,05 Taxpunkten im Tarmed bedeute dies eine Senkung um 47,7 Prozent.

Wartelisten

Mit diesem Abbau würden Mammografien ein Verlustgeschäft. «Wenn sie diese Leistungen nicht mehr anbieten, weil sie sie nicht kostendeckend erbringen können, kommt es zu längeren Wartelisten, namentlich in den Universitätsspitälern», so Brigittte Crottaz, die selber Ärztin ist.
Und weil die Screenings deshalb nicht in regelmässigen Abständen durchgeführt werden könnten, steige das Risiko, dass Brustkrebs nicht rechtzeitig diagnostiziert werde.

Nicht vergleichbar

Aber stimmt das überhaupt mit der genannten Tarifsenkung? «Ein direkter Vergleich zwischen Tarmed und Tardoc in Bezug auf das beidseitige Mammografie-Screening mit Erstbeurteilung ist nicht möglich, da sich die Tarifpositionen nicht 1:1 von einer Struktur auf die andere übertragen lassen», schreibt der Bundesrat in seiner eben veröffentlichten Antwort zur Interpellation Crottaz.
Laut der Landesregierung werden im Tardoc die administrativen Kosten zur Durchführung des Screening-Programms über andere Tarifpositionen abgerechnet. Dies im Unterschied zum Tarmed, wo der administrative Aufwand nicht separat abgerechnet werden kann.
Zudem umfasse die Abrechnung verschiedener Behandlungen oder Untersuchungen, so auch im Zusammenhang mit dem Brustkrebs-Screening, oft mehrere Tarifpositionen je nach spezifischer Intervention.
Kommt hinzu, dass in bestimmten Kantonen das Brustkrebs-Screening mit Pauschalen vergütet wird, die in kantonalen Tarifverträgen ausgehandelt wurden. «Aus diesen Gründen trifft die in dieser Interpellation angegebene Senkung der Taxpunkte um 48 Prozent nicht zu», so der Bundesrat.
  • tarmed
  • tardoc
  • politik
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Efas: Abgestimmt wird am 24. November

Nun hat der Bundesrat festgelegt, wann das Volk über die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen entscheidet.

image

Corona kostete den Bund 29 Milliarden

Die Kosten der Corona-Pandemie seien so einmalig gewesen, dass sie keine Vorlage für künftige Krisen seien. Das stellt der Bundesrat fest.

image

Alzheimer Schweiz: SP-Urgestein wird Präsident

Der ehemalige Bieler Stadtpräsident Hans Stöckli übernimmt die Spitze der Organisation.

image

Tardoc: Dem Ziel «ein gutes Stück näher»

Dass der Bundesrat bei den ambulanten Tarifen aufs Tempo drückt, findet breite Zustimmung in der Branche.

image

Monsieur Prix mag das Réseau de l’Arc

Preisüberwacher Stefan Meierhans schlägt vor, dass die Politik viel stärker auf grosse Gesundheitsnetze mit festen Budgets setzt.

image

Der Tardoc soll 2026 in Kraft sein

Zugleich genehmigte der Bundesrat die Einführung der ambulanten Pauschalen – im Grundsatz.

Vom gleichen Autor

image

Long-Covid-Präsidentin für den «Prix Courage» nominiert

Den Viktor hat sie schon. Wird nun Chantal Britt auch mit dem «Prix Courage» geehrt?

image

Was Ospita an der Finma kritisiert

Gemäss Ospita-Geschäftsführer Guido Schommer sitzen die Leistungserbringer bei Verhandlungen am kürzeren Hebel.

image

Klinik Gut heuert einen neuen Spitzenkoch an

Das Engadiner Gesundheitsunternehmen betreibt in Fläsch ein Gourmet-Restaurant - auch für Patienten.