Rund 100 amerikanische Ärzte und Pflegerinnen beschreiben in einem
Brief an US-Präsident Joe Biden und dessen Vizepräsidentin Kamala Harris die dramatischen Zustände in Gaza.
Sie sind Augenzeugen
Viele Medien nehmen die Berichte der Ärztinnen und Ärzte sehr ernst – ernster als die Verlautbarungen, die von Israel oder den Hamas stammen. So schrieb der
«Tagesanzeiger»: «Die meisten Informationen stammen von den Konfliktparteien selbst und sind kaum überprüfbar. Zu den wenigen Zeugen des Geschehens vor Ort gehören ausländische Ärzte, die in Spitälern in Gaza freiwillig Kriegsopfer behandeln.»
Die US-Mediziner sind überzeugt davon, «dass die Zahl der Menschen, die seit Oktober in Gaza ums Leben gekommen sind, weitaus höher ist als in den Vereinigten Staaten angenommen». Sie beschreiben unter anderem, wie Israel die unterernährte und kranke Bevölkerung des Gazastreifens immer wieder in Gebiete ohne fliessendes Wasser oder Toiletten vertreibe.
Auch viele Kinder betroffen
Der Orthopäde Mark Perlmutter schreibt: «Gaza war das erste Mal, dass ich das Gehirn eines Babys in der Hand hielt. Das erste von vielen.»
Die Ärztinnen und Ärzte werfen Israel vor, das Gesundheitssystem Gazas zu zerstören und medizinisches Personal an seiner Arbeit zu hindern. Gleichzeitig distanzieren sie sich auch von den Hamas: «Niemand von uns unterstützt die Gräueltaten, die am 7. Oktober von bewaffneten palästinensischen Gruppen und Einzelpersonen in Israel begangen wurden.»
Medizinpersonal in Gaza: Körperlich und seelisch zerstört
Die Ärzte schildern auch Begegnungen mit ihren palästinensischen Berufskolleginnen und -kollegen. Hier ihr Bericht im Wortlaut:
«Als wir unsere Kollegen aus dem Gesundheitswesen in Gaza trafen, war klar, dass sie unterernährt und sowohl körperlich als auch seelisch zerstört sind. Wir merkten schnell, dass unsere palästinensischen Kollegen aus dem Gesundheitswesen zu den am stärksten traumatisierten Menschen in Gaza, vielleicht sogar in der ganzen Welt, gehören. Wie praktisch alle Menschen in Gaza haben sie Familienmitglieder und ihr Zuhause verloren. Die meisten von ihnen leben in und um ihre Krankenhäuser mit ihren überlebenden Angehörigen unter unvorstellbaren Bedingungen. Obwohl sie weiterhin nach einem zermürbenden Dienstplan arbeiten, sind sie seit dem 7. Oktober nicht mehr bezahlt worden. Alle sind sich bewusst, dass sie ihre Arbeit als Gesundheitsdienstleister zur Zielscheibe Israels gemacht hat. Dies ist eine Verhöhnung des Schutzstatus, den Krankenhäuser und Gesundheitsdienstleister nach den ältesten und am meisten akzeptierten Bestimmungen des humanitären Völkerrechts geniessen.