Wie Medinside
hier berichtete, sterben jährlich in den USA Hundertausende von Menschen oder tragen bleibende Schäden davon, weil sie falsch diagnostiziert wurden. Studien haben zudem gezeigt, dass 10 bis 15 Prozent aller klinischen Entscheidungen bei einer späteren Überprüfung revidiert werden mussten.
Austausch hilft Behandlungsfehler zu vermindern
Wie die
Ergebnisse einer experimentellen Studie in den
«Proceedings of the National Academy of Sciences» nun zeigen, kann der Austausch unter Kollegen die Gefahr von ärztlichen Diagnose- und Behandlungsfehlern deutlich vermindern. Die Studie zeigt auch, dass Ärzte ihre diagnostischen und therapeutischen Entscheidungen verbesserten, wenn sie die Ansichten ihrer Kollegen kannten.
Beurteilung alltäglicher Fälle
Dazu mussten die knapp 3000 an der Studie teilnehmenden Ärzte sieben alltägliche Fälle beurteilen, die ihnen in einer App vorgestellt wurden. Anschliessend mussten sie das diagnostische Risiko für den Patienten auf einer Skala von 1 bis 100 einschätzen. Dabei ging es um konkrete Fragen, beispielsweise wie wahrscheinlich es ist, dass ein Patient mit Brustschmerzen innerhalb der nächsten 30 Tage einen Herzinfarkt erleidet. In einer zweiten Frage sollten die Ärzte eine diagnostische Entscheidung fällen.
Orientierung an Kollegen
Die Ärzte waren auf zwei Gruppen randomisiert worden: In einer Gruppe waren sie bei ihren Antworten allein, in der anderen wurde ihnen mitgeteilt, wie vierzig andere Kollegen den Fall beurteilt hatten. Danach konnten sie ihre Ansicht revidieren. Wie die Forschenden berichten, waren die Ärzte bereit, sich an den Antworten der anderen Kollegen zu orientieren. Die Zahl der richtigen Einschätzungen in den beiden Fragen verbesserte sich um 5-Prozent-Punkte, während sich die Ärzte in der Kontrollgruppe beim zweiten und dritten Blick auf denselben Fall nur um 2,5 Prozent-Punkte verbesserten.
Netzwerke führen nicht zu Mittelmass
Davon profitieren konnten vorallem jene Ärzte, die in der ersten Runde die häufigsten Fehlentscheidungen getroffen hatten. Ärzte hingegen, die mit ihrer ersten Ansicht richtig lagen, liessen sich nicht verunsichern. Damit lässt sich laut den Forschenden der Einwand widerlegen, nachdem das Netzwerken zu einem Mittelmass führe, bei dem sich die schlechten Ärzte verbessern, die guten dagegen verschlechtern.
Geringer Zeitaufwand
Die Erkenntnisse aus der Studie könnten nun für die Entwicklung einer App genutzt werden, bei der sich Ärzte gegenseitig austauschen, etwa indem sie unklare Fälle posten und die Kollegen nach ihrer Ansicht fragen. Der Zeitaufwand für den Informationsaustausch sei gering. In der Studie benötigten die Ärzte gerade einmal 20 Minuten für die sieben Fälle.