Berner Zeitungen verletzten Privatsphäre einer Ärztin

Ein Artikel in den Berner Medien enthielt zu viele Details über eine verurteilte Ärztin. Der Pressrat gab deshalb den Universitären Psychiatrischen Diensten Bern (UPD) recht.

, 6. März 2024 um 11:39
image
Verletzten die Privatsphäre einer Ärztin: «Berner Zeitung» und «Der Bund» | zvg
Die «Berner Zeitung» und «Der Bund» veröffentlichten letzten Sommer einen Artikel über die Universitären Psychiatrischen Dienste (UPD) mit dem Titel: «Verurteilte Ärztin arbeitet trotz Verbot».

UPD kritisierten Rufschädigung

Die UPD waren der Meinung, dass der Artikel wesentliche Tatsachen unterschlage und falsch darstelle, was zu einer Rufschädigung führe. Sie beschwerten sich deshalb beim Presserat. Und sie erhielten zum Teil recht.
Im Artikel sei zwar nicht gelogen worden und auch die Menschenwürde der Ärztin sei gewahrt worden, aber es seien so viele Details über die Ärztin geschrieben worden, dass sie erkennbar sei, entschied der Presserat.

Medinside liess Details weg

Für die Verständlichkeit des Artikels hätte es gar nicht alle Angaben – etwa zum Arbeitsort oder genaue Jahrzahlen – gebraucht. Auch Medinside berichtete über diesen Fall, liess jedoch möglichst viele Details weg, mit denen die Ärztin für einen breiten Personenkreis identifizierbar gewesen wäre. Gegen Medinside hat die UPD keine Beschwerde geführt.

Weitere Punkte heikel, aber nicht gerügt

Die UPD beschwerten sich auch über andere Abschnitte in der Berichterstattung der beiden Zeitungen. Diese Punkte beurteilte der Presserat zwar kritisch, aber er rügte die Zeitungen deswegen nicht.
Umstritten ar die Einleitung des Artikels. Dort hiess es: «Weil sie einen ehemaligen Patienten sexuell genötigt hat, bekommt eine Psychiatrieärztin ein Tätigkeitsverbot. Die UPD haben sie trotzdem angestellt.»

Rechtlich unproblematisch

Diese Sätze suggerierten, dass eine Psychiatrieärztin angestellt wurde, welche im Zeitpunkt der Anstellung nicht hätte tätig sein dürfen, klagten die UPD. Der Presserat stimmte den UPD zu: «Erst eine genaue Lektüre des Artikels wirft Licht auf die Tatsache, dass die Anstellung der Ärztin rechtlich unproblematisch war».
Die notwendigen rechtlichen Fakten seien im Artikel zwar zu lesen, aber «so zerpflückt wiedergegeben, dass es in der Folge an der wünschenswerten Klarheit fehlt».

Reisserisch, aber wahr

Auch die Passage im Text «Oralsex mit Ex-Patienten» musste der Presserat beurteilen. Er kam zum Schluss: Sie sei zwar reisserisch. Aber diese Tatsache stehe auch im Bundesgerichtsentscheid und gebe tatsächlichen Ereignisse wieder. Deshalb rügte der Presserat diese Passage nicht.
  • ärzte
  • gericht
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Ehemaliger HUG-Chefarzt und Covid-Experte wechselt zu Privatspital

Jérôme Pugin wurde in Genf bekannt als Intensivmediziner und Symbolfigur im Kampf gegen Covid. Nun wird er medizinischer Direktor des Hôpital de La Tour.

image

Bundesrat regelt das militärische Gesundheitswesen

Bisher fehlten in der Schweiz spezielle Regeln für das militärische Gesundheitswesen. Nun will der Bundesrat diese Lücke füllen.

image

Hohe Auszeichnung für CHUV-Forscher

George Coukos wurde in die U.S. National Academy of Medicine für Krebsforschung gewählt.

image

Ex-BAG-Vizedirektor rügt hohe Kosten der Spezialärzte

Die Schweiz sei ein Paradies für Spezialarzt-Behandlungen, sagt der ehemalige BAG-Vize Oliver Peters. Weil es keine Kostenkontrolle gebe.

image

Chefarzt tritt nach 16 Jahren zurück

Das Kantonsspital Obwalden ist auf der Suche nach einem neuen Chefarzt für die Innere Medizin. Thomas Kaeslin will kürzertreten.

image

Aargau: Ärzteverbands-Präsident im Parlament

Bei den kantonalen Wahlen wurde Thomas Ernst als Vertreter der FDP in den Grossen Rat gewählt.

Vom gleichen Autor

image

Temporär-Arbeit in der Pflege: Ein Angebot mit Haken

Es gibt gute Gründe für Pflegefachleute, sich nur noch temporär anstellen zu lassen. Aber es gibt auch ein paar gute Argumente dagegen.

image

Medikamente: Diese fünf Irrtümer müssen alle kennen

Epinephrin statt Ephedrin? Solche Verwechslungen können tödliche Folgen haben. Gut zu wissen, wo die grössten Gefahren lauern.

image

SVAR: Neu kann der Rettungsdienst innert zwei Minuten ausrücken

Vom neuen Standort in Hundwil ist das Appenzeller Rettungsteam fünf Prozent schneller vor Ort als früher von Herisau.