«Die Schweiz hinkt in den Bereichen E-Government und Gesundheit punkto Digitalisierung brutal hinterher», sagte Nicole Burth, Leiterin Kommunikations-Services und Mitglied der Post-Konzernleitung, im Rahmen eines Medien-Rountable, und
referenzierte dabei auf die neuste IMD-Studie.
Post wird zur zentralen EPD-Plattform
Durch die abgeschlossene Übernahme seien nun sechs von sieben Stammgemeinschaften auf der technischen Plattform der Post. Einzig die Stammgemeinschaft Abilis der Apotheken hat ein eigenes System, jenes ist aber interoperabel mit der Postplattform. Das gilt auch für die dritte Plattform, AD Swiss, die aber laut Burth noch nicht «live» sei, schreibt das Magazin
«Inside-IT».Live ist dafür Cuore, eine Plattform der Post für den elektronischen Dateiaustausch zwischen Leistungserbringern. Statt Patientinnen und Patienten einen Ausdruck mit dem Befund mitzugeben oder diesen per Brief an die Spezialistin zu schicken, sollen Daten dieser Art künftig digital ausgetauscht werden. Eine ähnliche Plattform, Healthlink von Axsana, gehört nun durch die Übernahme auch zur Post. «Die besten Features werden wir übernehmen und in Cuore integrieren», sagte Nicole Burth. Eine weiteres, vergleichbares Angebot ist die B2B-Plattform der Stammgemeinschaft eSanita, welche aber technisch auf Cuore basiere und laut Burth demnächst auf die neuste Version gehoben werden soll. Letztlich soll es auch diese Kommunikationsplattform sein, mit der die Post Geld verdienen will. «Die Infrastruktur soll nicht primär Umsatz generieren», die zählt gewissermassen zum Service Public.
Digitaler Onbaording-Prozess kommt 2023
Dass es möglichst bald mehr als wenige 100 EPDs werden, bleibt auch für die Post eine Herausforderung. «Wir sind daran, einen vollständig digitalen Onboardingprozess zu etablieren», sagte Nicole Burth. Es soll ab Dezember möglich sein, in einem durchgehenden Prozess sowohl eine SwissID zu lösen, als auch ein EPD zu eröffnen.
Die «strikten gesetzlichen Vorgaben» seien zwar mühsam, aber man ist optimistisch, das digital bestellbare Patientendossier zusammen mit den Kantonen und dem Bundesamt für Gesundheit im ersten Quartal 2023 zu promoten. Dabei sollen aber jene Menschen nicht vergessen gehen, die die digitale Welt noch nicht beherrschen. Aber noch "gibt es keine Lösung für Menschen, die nicht alles alleine können". Ziel sei, dass beispielsweise Postmitarbeitende helfen, ein EPD zu eröffnen. Aber «die Finanzierung ist ungeklärt».
Doppelte Freiwilligkeit wird fallen
Im Rahmen der anstehenden Revision der Gesetzgebung Elektronisches Patientendossier (EPDG) will die Post eine aktive Rolle einnehmen, wie Burth sagte. Interessant waren die Aussagen, dass «weitestgehend Konsens herrscht», dass die doppelte Freiwilligkeit fallen muss. Gemeint ist damit, dass das Mitmachen beim EPD bisher für Hausarztpraxen und alle Patientinnen und Patienten freiwillig war. Wird diese mit dem Gesetz abgeschafft, gilt nicht nur eine EPD-Pflicht für alle Bürgerinnen und Bürger, sondern auch für alle Player im Gesundheitswesen – und dies auf einer quasi-zentralen Plattform. Etwas ganz anderes, als bei der Lancierung des elektronischen Patientendossiers zunächst versprochen worden ist.
«Wenn dezentral etwas schlecht geschützt ist, nützt es auch nicht viel», sagte Burth zum letzten Punkt. Und man habe damals etwas versprochen, was man ohnehin nicht halten konnte. Burth sieht die Post gut aufgestellt im Bereich Cybersecurity. Man beschäftige im Konzern 110 Spezialisten, «und keine Projektleiter», sich täglich mit Cyberdefense beschäftigen. Ausserdem würde auch im Bereich E-Health mit Bug-Bounty-Programmen gearbeitet.
Darüber hinaus herrsche ein Konsens, dass man in den EPDs mit strukturierten Daten, statt wie bisher mit PDF-Dateien arbeiten müsse. Ob Burth im Rahmen der Revision auf ein Referendum hoffe, um den Entscheid der EPD-Pflicht analog zum Transplantationsgesetz demokratisch von den Bürgerinnen und Bürgern legitimiert haben will, sagte sie klar: «Nein.» Die Legitimierung durchs Parlament genüge. «Ein Referendum wäre nicht meine Idealvorstellung.»