Diese Leistungserbringer scheinen «angebotsgetrieben» zu sein

Eine Studie der Uni St.Gallen (HSG) zeigt: Kostenreduktionen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie sind bei gewissen Leistungserbringern fast ausschliesslich durch angebotsseitige Beschränkungen erklärbar.

, 6. September 2022 um 08:48
image
Die Covid-19-Pandemie hat zu einer substanziellen Reduktion der Gesundheitskosten geführt. | Symbolbild Pexels
Im Jahr 2021wurden teilweise Behandlungen durchgeführt, die im ersten Corona-Jahr 2020 warten mussten. Ein Teil der aufgeschobenen Leistungen wurde allerdings nie nachgeholt, weil sie «offenbar» nicht notwendig waren. Dies schreibt der Krankenkassenverband Santésuisse und verweist auf eine neue Studie der Universität St.Gallen HSG.
Demnach zeigt die Separierung in Angebots- und Nachfrageeffekte, dass Kostenreduktionen bei folgenden Leistungserbringern fast ausschliesslich durch angebotsseitige Beschränkungen erklärbar sind:
  • Rehabilitationskliniken
  • Zentrumsversorgung
  • Rheumatologie
  • plastische Chirurgie
  • Pneumologie
  • Pflegeheime

«Excess Health Care Utilization» als Basis

Diese Gruppe von Leistungserbringern zeichne sich folglich durch einen hohen Anteil an «nicht dringend angezeigten medizinischen Eingriffen und Therapien» aus, welche zudem nicht bis zum Jahresende nachgeholt wurden.
Als Mass für den Effekt der Covid-19-Pandemie auf die OKP Gesundheitskosten wird in der Studie die «Excess Health Care Utilization» herangezogen. Das ist die Differenz zwischen den erwartbaren und realisierten Kosten für die von der Pandemie betroffenen Monate März bis Dezember des Jahres 2020.
image
Screenshot Studie

Das treibt die Nachfrage

Einen substanziellen Anteil nachfrageseitig getriebener Kostenreduktionen weisen zudem folgende Leistungserbringer auf, wie aus der Studie weiter hervorgeht.
  • Chiropraktoren
  • psychiatrische Kliniken
  • Physiotherapeuten
  • Ergotherapeuten

Aussage über «nötig» oder «unnötig» möglich?

Diese nachfrageseitigen Effekte sind gemäss Studie gegebenenfalls ein Indikator dafür, wie die Versicherten den Wert von bestimmten Gesundheitsdienstleistungen wahrnehmen. Hohe nachfrageseitige Effekte seien hier womöglich mit einem geringeren Wert für die Versicherten in Zusammenhang zu bringen.
Die Ergebnisse erlauben dem Verfasser der Studie zufolge eine fokussiertere Herangehensweise bei einer Detailanalyse; jedoch lassen sie keine Aussage darüber zu, welche Leistungen medizinisch «nötig» und welche «unnötig» sind. Es könne sich sowohl um Leistungen handeln, die längerfristig medizinisch notwendig seien, als auch um solche, die nicht notwendig seien, steht dort zu lesen.

image
Screenshot Studie

Kosteneffekte unterscheiden sich

Insgesamt hat die Covid-19-Pandemie im Jahr 2020 zu einer substanziellen Reduktion der Gesundheitskosten von 3,19 Prozent der zu erwartenden Kosten geführt. Dies entspricht einem nominellen Rückgang von 868 Millionen Franken für die in dieser Studie einbezogenen Leistungserbringer über den Zeitraum März bis Dezember 2020.
Zudem wurde beobachtet, dass sich die Effekte der Pandemie auf die Gesundheitskosten bei den verschiedenen Leistungserbringern stark unterscheiden: Die stärksten Kostenreduktionen sind hier im Bereich der Radiologie (–12.6 Prozent), Psychiatrische Kliniken (–11.7 Prozent), Kinder- und Jugendmedizin (–10.5 Prozent), Angiologie (–9.5 Prozent) und Physiotherapie (–9.0 Prozent) zu beobachten.

  • gesundheitskosten
  • santésuisse
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Höhere Prämien für Grenzgänger entlasten Kantone

Der Bundesrat will die im Ausland Versicherten in den Risikoausgleich einbeziehen. Dies hat Auswirkungen auf die Krankenkassenprämien.

image

Wann versöhnen sich die beiden Krankenkassenverbände?

Im Schweizer Gesundheitswesen geht kaum mehr etwas vorwärts. Schuld daran sind auch die beiden zerstrittenen Krankenkassenverbände.

image

Föderation der Schweizer Psychologen erhebt beim BAG Beschwerde gegen Santésuisse

Grund für die Beschwerde: Der Krankenkassenverband weigert sich, die Leistungen von Psychotherapeuten in Weiterbildung zu übernehmen. Das gefährde den Beruf.

image

Ärztin soll mehrere hunderttausend Franken zurückzahlen

Eine Psychiaterin hat den Krankenkassen offenbar viel zu hohe Rechnungen gestellt. Nun soll die auf Kinder und Jugendliche spezialisierte Medizinerin zur Kasse gebeten werden.

image

Santésuisse stellt sich erstmals offiziell hinter Tardoc

Santésuisse, Curafutura und die Ärztevereinigung FMH haben ein neues Tarifbüro gegründet. Jetzt wollen die Verbände gemeinsam den neuen Tarif entwickeln.

image

Gesundheitskosten: ETH erwartet Abflachung des Wachstums

Die Konjunkturforschungsstelle der ETH nimmt die Wachstums-Prognose der Gesundheitskosten stark zurück. Für Felix Schneuwly könnte sich dies aber als zu optimistisch erweisen.

Vom gleichen Autor

image

Kantonsspital Glarus verliert GL-Mitglied

Thomas Kühnis, Chef der Finanzen, Informatik und Betriebe, verlässt nach neun Jahren die Geschäftsleitung des Kantonsspitals Glarus.

image

Neue Ärzte-Tarife auf dem Weg zur Genehmigung

Die Tarifpartner beantragen wie geplant die Genehmigung eines Tarifsystems aus ambulanten Pauschalen und Tardoc.

image

Schatten über dem Verkauf des Spitals Flawil

Wurden beim Verkauf des Spitals Flawil die Vertragspartner getäuscht? Mehrere Kantonsparlamentarier verlangen Antworten von der St.Galler Regierung.