Im Kanton Bern dürfen Apothekerinnen und Apotheker Impfungen gegen Hepatitis A und B durchführen. Im Nachbarkanton Freiburg ist das hingegen nicht möglich. Dafür können in Freiburger Apotheken Impfungen gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) sowie Diphtherie und Tetanus (dTp) vorgenommen werden, was im Kanton Bern wiederum nicht erlaubt ist.
Seit 2015 ist die Kompetenz zum Impfen im Medizinalberufegesetz als berufsspezifisches Ziel für die Pharmazie verankert. Dennoch gibt es trotz eines nationalen Impfplans kantonale Einschränkungen, die das Impfen durch diese Berufsgruppe beschränken.
Wie ist dieser Flickenteppich zu erklären? Warum sträuben sich gewisse Kantone dagegen, das Angebot für Impfungen in ihrem Kanton auszuweiten? Der Verdacht liegt nahe, dass die Ärzteschaft sich dagegen wehrt, wenn andere Berufsgruppen ihre Pfründe streitig machen.
Sind Ärzte die Bremser?
Die FMH, der Berufsverband der Schweizer Ärztinnen und Ärzte, weist diese Deutung zurück: Die Ärzteschaft hat weder ein Interesse noch die Möglichkeiten, das Leistungsspektrum der Apotheken zu beeinflussen. «Im Gegenteil, wir sind daran interessiert, mit weiteren Berufen der Leistungserbringung die Zusammenarbeit zu intensivieren und zu koordinieren, um gemeinsam dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.»
Das sieht auch Elise de Aquino so. Sie ist Co-Leiterin Public Affairs beim Apothekerverband Pharmasuisse. Sie führt die kantonalen Unterschiede auf die unterschiedlichen bürokratischen Prozesse in den Kantonen zurück.
Impfen in der Apotheke: Regelung nach Kantonen. Per Januar 2025
Dennoch zeigt sie sich optimistisch, dass die Unterschiede bald beseitigt werden. Ihr Optimismus gründet auf der geplanten Revision des Epidemiengesetzes, die eine Stärkung der Kompetenzen der Apothekerschaft und eine nationale Regelung vorsieht. Das sollte dann zu einer kantonalen Harmonisierung führen.
Zudem gibt es eine weitere gesetzgeberische Initiative, die den Apotheken mehr Kompetenzen einräumt. Laut Elise de Aquino, die bis November 2023 beim Bundesamt für Gesundheit die Nationale Strategie zu Impfungen leitete, sind die bestehenden Bestimmungen im Krankenversicherungsgesetz (KVG) zu eng gefasst, um das Potenzial der Apothekerschaft im Impfbereich auszuschöpfen.
Kostendämpfungspaket 2
Mit dem Kostendämpfungspaket 2, das in der Frühlingssession verabschiedet werden dürfte, wird sich das ändern. Der revidierte Artikel 26 KVG wird es Apothekerinnen und Apothekern ermöglichen, Impfungen zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) durchzuführen.
Aktuell sind von der Eidgenössischen Kommission für Impffragen empfohlene Impfungen zwar durch die OKP gedeckt, jedoch nur, wenn sie in einer Arztpraxis durchgeführt werden. Erfolgt die Impfung hingegen in einer Apotheke, ist sie nicht kassenpflichtig. Diese Regelung soll mit dem Inkrafttreten des Kostendämpfungspakets 2, frühestens im Frühjahr 2026, geändert werden.
Lockerungen in Zürich und im Tessin
Wie
hier berichtet, dürfen Apothekerinnen und Apotheker im Kanton Zürich alle Impfungen gemäss nationalem Impfplan bei Personen ab 16 Jahren vornehmen. Voraussetzung dafür ist, dass keine Kontraindikation, Schwangerschaft, Immunschwäche oder Autoimmunkrankheit vorliegt. Vorbehalten bleiben Impfungen mit Lebendimpfstoffen sowie Impfungen im Off-Label-Bereich.
Eine Lockerung ist nun auch aus dem Tessin zu vermelden. Der Südkanton öffnet den Impfkatalog der Apotheken weiter für:
- Grippeimpfung, ohne Altersbeschränkung.
- COVID-19-Impfung
- Frühjahr-Sommer-Meningoenzephalitis / durch Zecken übertragene Meningoenzephalitis (FSME)
- Diphtherie-Tetanus-Pertussis (dTpa)
- Masern/Mumps/Röteln (MMR)
Die Elemente des Massnahmenpakets 2 | Grafik: BAG