Avenir Suisse hat vor kurzem eine Studie zur Alterspflege veröffentlicht. Ein Resultat: Wenn alle Kantone ihre Mittel im Pflegebereich mindestens gleich effizient einsetzen würden wie der schweizerische Durchschnitt, wäre das Sparpotenzial etwa zwei Milliarden Franken jährlich.
Für die
«Neue Zürcher Zeitung» hat Studienautor Jérôme Cosandey nun zusätzlich berechnet, auf wie viel Personal man verzichten könnte. 12'000 bis 14'000 Stellen liessen sich einsparen, sagte Cosandey der Zeitung – also rund 12 Prozent. Heute gibt es in der Pflege in Heimen oder durch die Spitex rund 108'000 Vollzeitstellen.
Jérôme Cosandey, Kevin Kienast: «Neue Massstäbe für die Alterspflege. Kantonsmonitoring 7.» Avenir Suisse, Juni 2016.
«Künftige Lücken beim Pflegepersonal schliessen»
Avenir Suisse plädiere nicht etwa für eine brutale Entlassungsrunde in der Gegenwart, sondern antizipiere die Entwicklung der nächsten Jahre, heisst es.
«Ein effizienterer Einsatz des Personals kann helfen, die grossen Lücken beim Pflegepersonal in den nächsten Jahren zu schliessen», sagt Cosandey weiter. Laut einem Bericht des Bundesrats werden bis 2020 in der Pflege 17'000 neue Stellen nötig, zudem müssen 60'000 Pflegende ersetzt werden, die in Pension gehen.
Ein effizienterer Einsatz des Personals sei ausserdem nötig, weil die Rekrutierung von Personal im Ausland wegen der SVP-Zuwanderungsinitiative und der Personenfreizügigkeit gefährdet sei, so der Think-Thank-Forscher.
Siehe auch:
Ansetzen lässt sich gemäss Avenir Suisse an mehreren Punkten:
- Erstens sei in modernisierten Heimen die Personal-Effizienz besser, denn relativ banal wirkende bauliche Massnahmen entfalten laut den Studienautoren Wirkung: «Sind alle Zimmer auf einem Stockwerk, entfällt das Liftfahren; eine zentral gelegene Material-Station spart den Angestellten ebenso Zeit wie ergonomisch gestaltete Duschen und WC.»
- Zweitens sei nicht in allen Kantonen der Mix zwischen ambulanter und stationärer Betreuung optimal, sagt Cosandey. So gingen Senioren oft zu früh in ein Pflegeheim. «Sie sind zu wenig informiert über Angebote, die es ihnen ermöglichen würden, noch zu Hause zu bleiben, wie Spitex, Mahlzeitenservices, Haushalthilfen oder Fahrdienste.»
Jérôme Cosandey präsentiert in diesem Video die wichtigsten Ergebnisse der Studie über die Alterspflege:
Jérôme Cosandey
Avenir Suisse – Forschungsleiter SozialpolitikJérôme Cosandey setzt sich seit 2011 als Senior Fellow und Forschungsleiter Sozialpolitik von Avenir Suisse mit dem Reformbedarf in der Altersvorsorge, der Organisation und Finanzierung der Alterspflege und Fragen der Altersarbeit auseinander. Nach seiner Promotion an der ETH war er mehrere Jahre als Strategieberater bei The Boston Consulting Group, danach bei der UBS tätig. Jérôme Cosandey hält zudem einen Master der Universität Genf in internationaler Wirtschaftsgeschichte.