Schweizer wollen ihre Gesundheitsdaten nicht teilen, zeigt eine Befragung

Fortschreitende Digitalisierung hin oder her: Die meisten Schweizerinnen und Schweizer wollen ihre Gesundheitsdaten für sich behalten - aber trotzdem eine Belohnung für gesundes Verhalten.

, 20. April 2022 um 07:27
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Schrittzähler, Fitness-Tracker oder Blutdruckmesser sind immer weiter verbreitet – könnte man meinen. Doch nun zeigt eine Befragung, dass dem nicht so ist. Es gibt zwar immer mehr solche Geräte, doch die Nutzung solcher Geräte hat seit 2018 nur minim zugenommen.

Tendenz schon wieder rückläufig

Das zeigt der «Monitor Datengesellschaft und Solidarität». Die Stiftung Sanitas Krankenversicherung lässt damit seit 2018 die Schweizer Bevölkerung jährlich zum digitalen Wandel befragen.
Die nun vorliegende fünfte Befragung bringt Erstaunliches an den Tag: Smartwatches und Fitness-Tracker werden gerade mal von einem Viertel der befragten Personen genutzt – Tendenz sogar leicht rückläufig.

Widersprüchliche Aussagen

Und nicht nur das: Die Daten, welche mit solchen Geräten gesammelt werden, würde zwar eine Mehrheit ihrem Hausarzt oder einem Spezialisten offenlegen. Doch nur ein Fünftel würde das auch gegenüber seiner Krankenkasse machen.
Trotzdem ist jedoch fast die Hälfte aller Befragten dafür, dass Versicherte, die sich fit halten und gesund ernähren tiefere Prämien zahlen sollen. Das ist allerdings gar nicht möglich, wenn die Versicherung nichts über die Aktivitätsdaten der Versicherten weiss.

Teure Behandlungen nicht um jeden Preis

Ein weiteres Ergebnis der Studie zeigt: Nur gerade einer von fünf Befragten fände es richtig, dass Behandlungen mit teuren neuen Medikamenten in jedem Fall von der Grundversicherung der Krankenkasse bezahlt werden.
Viele finden, dass solche Medikamente nur übernommen werden sollten, wenn sie die Lebensqualität stark verbessern würden.

Recht auf ungesundes Verhalten

Drei Viertel der Befragten – insbesondere Jüngere und politisch Linksstehende – finden hingegen, dass eine Person auf jeden Fall Anspruch auf die Bezahlung einer medizinischen Behandlung hat, auch wenn die Erkrankung mit ungesundem Verhalten selbstverschuldet ist.

Doch nicht bei Covid-Impfung

Diese Solidarität endet bei der Covid-Impfung: Wer die Möglichkeit hatte, sich impfen zu lassen, und dies aus freier Entscheidung nicht tut, soll im äussersten Fall die Konsequenzen selber tragen müssen, besagt die Studie.
Das heisst: Wenn die Plätze auf den Intensivstationen knapp werden, sollen Ungeimpfte nicht denselben Anspruch haben wie Geimpfte. Ungeimpfte sehen dies naturgemäss nicht so: Sie finden mehrheitlich, dass sie keinen Nachteil in der medizinischen Behandlung erfahren sollten.

So kommentiert Felix Gutzwiller

«Aufgrund der Pandemie-Erfahrung steht Solidarität im Allgemeinen hoch im Kurs. Bei persönlichen Entscheiden ist sich jede und jeder häufig doch am nächsten»: So lautet die Bilanz des Präventivmediziners Felix Gutzwiller. Er ist Präsident der Stiftung Sanitas Krankenversicherung und damit auch Auftraggeber der Befragung.
Für die Studie wurden die Antworten von 2154 Personen ausgewertet, welche im Januar befragt worden sind.
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