Apps zur Ernährungsberatung gibt es viele. Allerdings sind die meisten zu wenig wissenschaftlich untermauert, als dass sie etwa in einer Klinik zu Behandlung von Fettleibigkeit (Adipositas) zum Einsatz kommen könnten.
App mit mehr Daten vielleicht wirksamer
Lia Bally, Leitende Ärztin an der Universitätsklinik für Diabetologie, Endokrinologie, Ernährungsmedizin und Metabolismus des Berner Inselspitals, will deshalb zusammen mit dem Schweizer Unternehmen Oviva eine komplexere, dafür aber auch wirksamere digitale Ernährungsberatung entwickeln.
Sie verspricht sich viel davon. Gemäss ihren Erfahrungen könnte die Wirksamkeit von Ernährungsumstellungen erhöht werden, wenn die Empfehlungen besser auf die Patienten zugeschnitten sind.
Fernziel: Ein Adipositas-Programm
In der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit Adipositas-Fachleuten des Inselspitals Bern soll in den kommenden Monaten ein Algorithmus entwickelt werden, der personalisierte Ernährungsempfehlungen für unterschiedliche Gewichtsziele erzeugen kann.
Der Algorithmus soll die Oviva-App, die es seit 2014 in der Schweiz gibt, erweitern und dann in Adipositas-Programmen zum Einsatz kommen.
Algorithmus muss zuerst trainiert werden
Vorerst, so Lia Bally, müsse der Algorithmus entwickelt, trainiert und an konkreten Beispielen geprüft werden. Die Ernährungsmedizinerin verhehlt nicht, dass es bei der Entwicklung einer solchen App ein grosses Problem gibt: «Die Erfassung der Ernährung – also die Frage, wer, wann, was und wieviel isst – wird immer lückenhaft sein.
Dieser Mangel wird persönliche Ernährungsempfehlungen trotz moderner Technik immer noch begrenzen.» Doch Lia Bally ist zuversichtlich, dass die Auswertung von anonymisierten grossen Datensätzen zumindest verbesserte Empfehlungen liefern werden.
Oviva-App ist als Medizinprodukt bereits anerkannt
Dass bei der Entwicklung im Inselspital Oviva zum Zug kommt, ist kein Zufall. Deren App ist als Medizinprodukt anerkannt, und die Kosten für das Ernährungs-Programm werden nach einer ärztlichen Verordnung von der Grundversicherung bezahlt.
Das Entwicklungsprojekt am Inselspital wird mit gut 325'000 Franken Fördergeld von Innosuisse, der schweizerischen Agentur für Innovationsförderung, unterstützt. Die ersten Ergebnisse werden in zwölf bis achtzehn Monaten erwartet.