«Der Tarifeingriff des Bundesrats gibt viel zu reden, also reden wir». Mit diesen Worten eröffnete Curafutura-Direktor Pius Zängerle am Donnerstagmorgen das Mediengespräch. Der Anlass hiess «Gesundheitspolitisches Medien-Frühstück». Wobei das echte Frühstück mit Birchermüesli eine deutlich leichtere Kost war, als was den Medienvertretern verbal verabreicht wurde.
Vernehmlassung dauert bis 21. Juni
Neues gab es kaum zu berichten. Angesichts der komplexen und vor allem wichtigen Materie sah sich der Krankenkassenverband dennoch veranlasst, seine Sicht der Dinge zu bekräftigen. Wie nicht anders zu erwarten, begrüssen die anwesenden Kassenvertreter das Vorgehen von Gesundheitsminister Alain Berset. Wobei für Zängerle der Tarmed auch nach dem Eingriff des Bundesrats zu wünschen übrig lässt.
Pius Zängerle erinnert daran, dass die Eidgenössische Finanzkommission schon 2010 massive Kritik am Tarmed übte. Sie kritisierte Fehltarifierungen, Benachteiligungen resp. Begünstigungen sowie die Beliebigkeit der Abrechnungsmuster. Passiert ist seither nichts. Reformversuche misslingen, bis der Bundesrat im wahrsten Sinn des Wortes den Tarif durchgibt. Die Vernehmlassung dauert noch bis zum 21. Juni.
Entlastung um 700 Millionen Franken
Im Kern geht es darum, Haus- und Kinderärzte leicht besser zu stellen und bei den Fachärzten Abstriche zu machen. Die Summe der Vergütungen von rund 11 Milliarden Franken soll um 700 Millionen reduziert werden. Für Zängerle ist das mehr als gerechtfertigt, weil gewisse Spezialärzte über Jahre zu viel verdienten. Es gehe nicht um Neid; es gehe um Gerechtigkeit. «Es ist höchste Zeit, die überhöhten Tarife anzupassen.»
Mit dieser Einsparung von 700 Millionen würde der Prämienanstieg 2018 bloss um 2 Prozent tiefer ausfallen. «Das ist kein Massaker.»
Die Ausbildungen haben sich angeglichen
Anke Trittin, Leiterin Tarife bei Curafutura, findet es grundsätzlich richtig, Facharztleistungen einheitlich mit dem Faktur 0.968 zu honorieren und nicht mehr in einer Bandbreite zwischen 0.905 und 2.2625 Punkten. Dies sei insofern gerechtfertigt und sinnvoll, weil sich die Dauer der Ausbildungen zum Facharzt angeglichen habe. Abgestufte Dignitäten zum Lebenseinkommen-Ausgleich seien obsolet geworden.
Anke Trittin stellt die rhetorische Frage: «Warum fällt die Rechnung des Spezialisten bis zu zweieinhalb mal höher aus als die des Hausarztes, obwohl dieser mich genauso lange und gründlich untersucht und behandelt?»
Der technische Fortschritt verkürzt die Arbeitszeit
Mit dabei an der Medienkonferenz waren auch Christian Affolter, Leiter Public Affaires Tarife bei der CSS sowie Wolf Strüwe, Leiter Gesundheitspolitik Helsana. Sie finden es stossend, dass der Tarmed nicht an den technischen Fortschritt angepasst wird. Untersuchungs- und Eingriffsverfahren sowie moderne technische Mittel und Diagnosegeräte reduzierten den zeitlichen Aufwand insbesondere bei Kataraktoperationen, Glaskörperbiopsie oder Belastungs-EKG oder Koloskopie.
«Warum muss meine Krankenversicherung 30 Minuten für eine intravitreale Injektion in das Auge bezahlen, wenn das nur ein paar Minuten dauert?»