Zu diesem Schluss verleitet eine Studie, die Dragana Radovanovic von der Universität Zürich jüngst am
ESC-Kongress in Barcelona vorstellte. Mit den Daten des Schweizer
Herzinfarkt-Registers AMIS hatten die Forscher die Entwicklung von knapp 52'000 Menschen erfasst, welche zwischen 1997 und 2016 wegen einem akuten Myokardinfarkt hospitalisiert worden waren.
Insgesamt stiegen die Chancen der Patienten im Verlauf der Zeit deutlich: Bei ST-Hebungsinfarkten (STEMI) sank die Mortalität in Spitälern
- von 9,8 Prozent auf 5,5 Prozent bei Männern,
- von 18,3 Prozent auf 6,9 Prozent bei Frauen.
Bei Nicht-ST-Hebungs-Infarkten (NSTEMI) sank die Mortalität
- von 7,1 Prozent auf 2,1 Prozent bei Männern
- von 11,0 auf 3,6 Prozent bei Frauen.
Der Rückgang war also jeweils bei Frauen klar deutlicher, so dass sich die Chancen der beiden Geschlechter im Jahr 2016, also am Ende des erfassten Zeitraums, erheblich angenähert hatten.
Dragana Radovanovic
wies am Kongress darauf hin, dass insbesondere junge Frauen in den 1990ern noch deutlich schlechtere Aussichten hatten als Männer gleichen Alters. Deshalb fokussierte sie auch auf die Veränderungen bei Patienten unter 60 Lebensjahren. Hier fielen die Mortalitätsraten mit jedem früheren Eintrittsjahr zurück – während bei den Männern unter 60 keine signifikanten Veränderungen registriert wurden.
«Obschon die Mortalität von hospitalisierten Patienten bei Frauen immer noch höher ist als bei Männern, war die altersadjustierte Mortalität bei Frauen deutlicher gesunken als bei Männern, insbesondere bei jenen in der Alterskategorie unter 60 Jahren», so ein Fazit der Leiterin des AMIS Plus Data Center an der Uni Zürich.
Dass Frauen immer noch etwas schlechtere Aussichten haben, lasse sich wohl daraus erklären, dass sie bei einem Herzinfarkt im Schnitt acht Jahre älter sind und dabei eher zusätzliche Herz-Kreislauf-Risiken tragen.
Erwartungen und Vorurteile
Und die allgemeine Verbesserung der letzten Jahre könnte sich daraus ergeben, dass an den Schweizer Spitäler heute häufiger perkutane Koronarinterventionen (PCI) vorgenommen werden.
Dass sich die Chancen insbesondere von jüngeren Frauen verbessert haben, könnte allerhand mit Erwartungen und Vorurteilen zu tun haben: Lange galt der Herzinfarkt als Männerkrankheit, so dass die betroffenen Frauen – und auch das medizinische Personal – zögerlicher zu den notwendigen Mitteln griffen. Diese These vertrat Sarah Clark, die Präsidentin der British Cardiovascular Society, angesichts der Zürcher Resultate.
«Den Fachleuten ist präsenter, dass sie auch bei Frauen in einer Notfallsituation darauf achten müssen und nicht einfach mal eine Gastritis vermuten dürfen», sagte Clarke dem
Fachorgan «tctMD».
Ähnlich äusserte sich Mary Norine Walsh, die Präsidentin des American College of Cardiology: Vermutlich träfen hier zwei Entwicklungen zusammen – nmäich dass sich die Frauen selber der Herzinfarkt-Symptome bewusster seien und dass das medizinische Personal auch bei ihnen rascher bereit ist, aggressiv vorzugehen.
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