Die Einladung der US-amerikanischen Society for Immunotherapy of Cancer (SITC) in San Diego Ende April einen Vortrag zu halten, hielt Angela Riedel zunächst für einen Scherz: «Beim Workshop Tumor Immune Microenvironment sprechen nur hochetablierte Wissenschaftler», wird die 38-jährige Biomedizinerin und Juniorgruppenleiterin am Mildred-Scheel-Nachwuchszentrum am Uniklinikum Würzburg (UKW) zitiert.
Die Einladung ist jedoch weder ein Scherz noch soll Angela Riedel als Lückenfüller herhalten, schreibt das UKW weiter in seiner
Medienmitteilung. Riedels Arbeit mit dem Titel «Tumor-Derived Lactic Acid Modulates Activation and Metabolic Status of Draining Lymph Node Stroma» erregte noch vor der Publikation im Journal Cancer Immunology Research international für Aufsehen.
Krebszellen sind hungrig
Angela Riedel zufolge sind Tumor-Metabolismus und die Verfügbarkeit von Nährstoffen, also die Nahrung, die für den Tumor zur Verfügung steht, ein grosses Thema. Dabei geht es um den Stoffwechsel des Tumors.
Krebszellen sind hungrig und benötigen vor allem Glukose und Glutamin, um sich zu teilen und zu wachsen. Bei der Verstoffwechselung des Zuckers (Glykolyse) fällt Laktat (Milchsäure) an.
Der Biochemiker Otto Warburg hatte schon vor hundert Jahren festgestellt, dass Tumore eine hohe Laktatkonzentration aufweisen. Die Milchsäure ist seither Gegenstand zahlreicher Forschungsprojekte.
«Zum Primärtumor gibt es viele Studien. Ich hingegen habe ein metastatisches Gewebe untersucht. Mein Interessensgebiet ist der tumor-drainierende Lymphknoten, welcher sehr dicht am Tumor liegt und daher stark beeinflusst wird», erklärt die Biomedizinerin.
Zur Erklärung: Von einem Tumor in einer weiblichen Brust fliesst Flüssigkeit zum tumordrainierenden Lymphknoten. Als Wächterlymphknoten (Sentinel Lymph Node, SLN) filtert er als erster die vom Tumor ausgeschüttete Flüssigkeit.
Eigentlich sollte der Lymphknoten seiner immunologischen Funktion nachkommen und sogenannte T-Zellen aktivieren die den Tumor bekämpfen.
Doch die T-Zellen im Lymphknoten sind Laut Riedel entweder gehemmt, oder die Interaktion von T-Zellen und antigenpräsentierenden Zellen findet nicht in dem Ausmass statt, wie es sein sollte.
Milchsäure blockiert Immunabwehr
Warum ist das Filtersystem der Lymphknoten gehemmt? Und: Was hat den Lymphknoten derart
reprogrammiert, dass er sogar eine ideale Umgebung für Metastasen bildet? Bei der Untersuchung, wie der Tumor den Lymphknoten befällt, bevor er diesen beeinflussen kann, legte Riedel ihr Augenmerk auf die Fibroblasten.
«Fibroblasten sind wichtige stromale Zellen im Bindegewebe, die dem Lymphknoten die Struktur geben, den Lymphknoten koordinieren und den Kontakt zwischen den dendritischen Zellen und T-Zellen herstellen. Wir haben schliesslich gesehen, dass die Milchsäure das Stroma verändert. Die Untersuchungen in vitro konnten wir jetzt in vivo, an Mäusen, bestätigen.»
Die Milchsäure, die der Tumor bei der Glykolyse ausschüttet, blockiere die Immunabwehr. Der Tumor könne dadurch die nachgeschalteten Lymphknoten reprogrammieren, so Riedel. Sie will nun untersuchen, ob sich die Milchsäure zum Beispiel mit der Gabe von Natriumbicarbonat neutralisieren lässt.
Zucker und Fett fördern Brustkrebs
Mit ihren Untersuchungen unterstreicht Angela Riedel einmal mehr die Bedeutung von der Ernährung auf unsere Gesundheit, hält das UKW fest. Ein Übermass an Zucker und Fett fördere Brustkrebs und die Metastasierung. «Es geht also grundsätzlich darum, dem Tumor das Futter wegzunehmen», bringt es Angela Riedel auf den Punkt.
Die Originalpublikation finden Sie
hier:
Zucker macht krank
Wer über einen langen Zeitraum im Übermass Zucker und andere Kohlenhydrate zu sich nimmt, trägt ein erhöhtes Risiko, eine Autoimmunkrankheit zu entwickeln.
Bei den Betroffenen greift das Immunsystem das körpereigene Gewebe oder ein Organ an; die Folge sind beispielsweise
- chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa,
- Typ-1-Diabetes sowie
- die chronische Entzündung der Schilddrüse.
Die Prozesse, die in diesen Fällen auf molekularer Ebene ablaufen, sind vielschichtig und äusserst komplex. Jetzt ist es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) gelungen, neue Details zu entschlüsseln.
Ihre Arbeiten weisen darauf hin, dass ein übermässiger Konsum von Kohlehydraten direkt die krankmachenden Funktionen bestimmter Zellen des Immunsystems begünstigt und dass, im Umkehrschluss, eine kalorienreduzierte Ernährung sich günstig auf die Immunerkrankungen auswirken kann.
Gleichzeitig zeigen sie neue Angriffspunkte für eine Therapie an: Eine spezifische Blockade bestimmter Stoffwechselprozesse in diesen Immunzellen könnte die Überschiessende Immunreaktionen unterdrücken.
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