Symptom-Checker: Eine günstige Zukunftschance – aber wer packt sie?

Wie bringt man Patienten in seine Klinik? Wie macht man sein Spital zur weitherum bekannten Autorität in Gesundheitsfragen? Indem man sie zur Anlaufstelle macht für Menschen, die online nach Diagnosen suchen.

, 16. Oktober 2017 um 06:12
image
  • trends
  • spital
Die Nachricht: In den USA hat die Mayo-Klinikgruppe hat einen «Symptom Checker» entwickelt und aufgeschaltet. Das heisst: Wer sich unwohl fühlt oder eine Verletzung hat, kann sich dort durchklicken und findet am Schluss einen Vorschlag, wie am besten darauf reagiert werden sollte.
Amerika ist weit weg, und die Mayo Clinic ist gewiss weltberühmt, aber ebenfalls nur Teil des US-Systems. Also fragt man sich vielleicht: Warum ist das für uns interessant?
Die Antwort: Weil sich unschwer voraussagen lässt, dass solche digitalen, leicht zugänglichen Symptom-Tester auch bei uns bald schon die Patienten lenken werden – und zwar entscheidend. Und weil die simple Idee eine riesige Chance bietet für einzelne Leistungserbringer: Es fragt sich höchstens, welche Spital- oder Gesundheitsgruppe in der Schweiz oder gar im deutschen Sprachraum hier führend wird.

Zum Symptom Checker der Mayo Clinic

Wie funktioniert solch ein «Checker» oder «Tracker»? Auf der ersten Seite findet man einfach eine Auswahl an Beschwerden, gehalten in der Alltagssprache, alphabetisch geordnet. Zum Beispiel: «Dizziness», Schwindelgefühle.
Man klickt den Begriff an. Dann wird die Beschreibung verfeinert – der Patient kann beispielsweise wählen, ob er eher einen Drehschwindel wahrnimmt oder ob er das Gefühl hat, ohnmächtig zu werden.
Weitere Angaben können dann angeklickt werden: Fieber? Schwitzen? Ohrschmerzen? Kopfweh? Und so fort.
Schliesslich liefert das System wiederum eine Reihe von Krankheitsbildern – ja, es führt dabei bereits zu ersten Schritten der Differentialdiagnose. Und am Ende folgen Empfehlungen zum weiteren Vorgehen. Wobei als Möglichkeit stets auch ein Link steht, der folgende Möglichkeit eröffnet: «Request an Appointment at Mayo Clinic» …
image
Keine Angst vor Werbung: Screenshot des Symptom-Trackers der Mayo-Klinikgruppe
Wenn man bedenkt, dass hinter einer von zwanzig Google-Anfragen eine Gesundheits-Suche steht, dann ahnt man, welches Potential solch ein Angebot enthält – oder genauer: Welche Marketing-Kraft die «Symptom-Checker» haben werden, die sich bei einem breiteren Publikum durchsetzen können. Einer Spitalgruppe wie Mayo bietet dieses einfache Angebot massenhaft Chancen: fürs Profil, für die Gewinnung von Patienten, für das Image als Kompetenz-Zentrum… Sie kann die Sache sogar teilfinanzieren, indem sie dort Werbung für Dritte schaltet.

Tor zu einem Millionenpublikum

«Jene Institution, die das Vakuum an verständlichen, laiengerechten und relevanten Informationen als Erster füllen kann, hat die einmalige Gelegenheit, sich gegenüber einem Millionenpublikum und vor allem gegenüber der Konkurrenz zu profilieren»: So hat es Pascal Fraenkler, der Mitgründer von Eedoctors, an dieser Stelle schon geschrieben
Mit solch einem Angebot können die eigenen Behandlungs-Kernkompetenzen herausgestrichen werden, so Fraenkler weiter. Und: «Der Streuverlust im Internet ist sehr gering, denn in der Regel googelt nicht der gesunde Mensch nach Diagnosen.» 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Wenn ethische Hacker ins Spital einbrechen

Zunehmend lassen sich Schweizer Spitäler legal hacken. Mit teils beunruhigenden Ergebnissen, wie der Cybersecurity-Spezialist Sandro Nafzger im Interview zeigt.

image

«Es ist unglaublich. Parallelen zum Fall der CS sind offensichtlich»

Die Insel Gruppe meldete zuletzt viele Verbesserungen. Aber für den Berner Gesundheitsökonomen Heinz Locher ist die Krise sehr fundamental: Er spricht von «multiplem Organversagen». Das Interview.

image

Kantonsspital Baden: Petition für Teuerungsausgleich

Gute ein Drittel des Personals unterschrieb die Forderung nach Nachbesserungen in der Lohnrunde.

image

Insel Gruppe: Christian Leumann bleibt bis Ende 2025

Die Suche nach einem neuen CEO stockt. Interims-Direktor Leumann will dazu beitragen, dass kein Zeitdruck entsteht.

image

Nachhaltiger Neubau in Arlesheim: Fast alles aus Holz

Der Neubau der Klinik Arlesheim setzt auf nachhaltigen Holzbau. Mit modernster Architektur und ökologischen Materialien entsteht ein einzigartiges Gebäude, das Gesundheit und Umwelt vereint. Ein Projekt, das für die Zukunft der medizinischen Versorgung steht.

image

Spital Wallis: 30 zusätzliche Stellen für die Pflege

Der Kanton bewilligt 6,6 Millionen Franken, mit denen nächstes Jahr die Arbeitsbedingungen im Spital Wallis verbessert werden können.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.