Was ist exzellente medizinische Versorgung? Lange Zeit hatten die Ärzte die Deutungshoheit über den Begriff. Sie waren die «Götter in Weiss», kannten die richtige Medizin, wurden kaum je in Frage gestellt.
Die
University of Utah Health Care (UUHC) hat den Spiess umgedreht und Patienten befragt, was sie unter Exzellenz verstehen. Die Ergebnisse sind eindeutig: Sie wollen nicht warten gelassen werden. Sie möchten einen Arzt, der ihnen zuhört. Einen, dem sie vertrauen können und der mit ihnen Klartext redet. Und sie wollen bei wichtigen Entscheiden mitreden.
Die UUHC ist das erste Ausbildungsspital der USA, das Patientenumfragen nicht nur durchführt, sondern diese auch online stellt. Sie tut es, ohne die Kommentare und Bewertungen zu redigieren - Transparenz total also. Zum ersten Mal geschah dies Ende 2012.
Nun hat Vivian S. Lee, CEO der Universität und Dean der University of Utah School of Medicine, in einem Artikel im Journal
Harvard Business Review ihre Erfahrungen dazu veröffentlicht.
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Ursprünglich waren die Ärzte laut Lee alles andere als begeistert von dem Vorhaben; viele reagierten betupft und hatten Angst um ihre Reputation oder vor Beleidigungen. Sie argumentierten, eine Organisation sollte nicht ihre eigenen Unzulänglichkeiten in die Öffentlichkeit tragen.
Die Befürchtungen lösten sich laut Lee rasch in Luft auf. Die Online-Kommentare haben sich offenbar zu einer veritablen Motivation für die Ärzte entwickelt, ihr Bestes zu geben. Finanzielle Anreize hätten niemals eine solche Wirkung erzielt, ist Lee überzeugt.
Die UUHC hat seit der Einführung des Rankings kontinuierlich bei den staatlich verordneten Qualitätsmessungen zugelegt. Zudem konnten Kosten gesenkt werden - ganz nach dem Motto «glücklichere Patienten sind gesündere Patienten».
Vertrauen aufbauen
Der wichtigste Vorteil aber ist der Vertrauensgewinn, der bei den Patienten erzielt wurde. Bei der Wahl ihres Spitals setzen Patienten immer noch weitgehend auf Mund-zu-Mund-Propaganda. Online-Kommentare sind das Pendant dazu im Internet.
Studien zeigen allerdings, dass die meisten Quellen nicht für glaubwürdig gehalten werden. Indem die UUHC nur Bewertungen von Patienten veröffentlicht, die nachweislich dort behandelt worden waren, konnte es die Glaubwürdigkeit erhöhen und Vertrauen aufbauen.
Umgekehrt kann das Spital sicherstellen, dass Interessenten ihre Informationen über das Spital aus erster Hand erhalten und nicht aus unüberschaubaren Sekundärquellen.
Die Seite wird rege besucht
Die Bewertungen werden rege genutzt. Im ersten Jahr nach der Online-Schaltung hat sich der Traffic auf der Internetseite des Spitals glatt verdoppelt. Und er ist seither weiter im Steigen begriffen.
48 Prozent der Patienten geben an, die Kommentare haben die Wahl des Arztes entscheidend beeinflusst, in 29 Prozent der Fälle haben sie eine Rolle gespielt.
Das wichtigste Kriterium der Arztwahl war allerdings nicht das Online-Ranking, sondern das Spezialgebiet des Arztes. Gewisse Profile werden gemäss Lee monatlich über 800 Mal angeklickt.
Lee ruft ihre Kolleginnen und Kollegen auf, sich mehr um Patientenzufriedenheit zu kümmern. Das Vorgehen der UUHC sei eine gute Möglichkeit dazu.