Telemedizin sei derzeit noch kein einträgliches Geschäft: Solche deutlichen Worte findet eine Frau, die es wissen muss: Die Münchnerin Katharina Jünger. Sie war bis vor zwei Monaten Besitzerin der deutschen Telemedizin-Anbieterin «Teleclinic».
50 Millionen Euro für ein unrentables Geschäft?
Nun gehört die «Teleclinc» der Schweizer Versandapotheke «Zur Rose». Einen mittleren achtstelligen Betrag, also um die 50 Millionen Euro, bezahlte die Frauenfelder Firma für die «Teleclinc» – ein Unternehmen, von dem die Besitzerin selber sagt, dass es nicht rentabel sei.
Wie das aufgehen soll? Die Telemedizin ist für sich allein zwar nicht einträglich; doch in Verbindung mit elektronischen Rezepten kann sie es durchaus sein. Katharina Jünger hat in einem Interview mit dem Magazin «Gründerszene» festgestellt: «Bei der Hälfte der Telemedizin-Fälle brauchen die Kunden ein Medikament.» Daher müsse ein rentables Telemedizin-Unternehmen auch diesen Teil kontrollieren, so ihre Schlussfolgerung.
Rezept geht direkt an Versandapotheke
Dieses Zusammenspiel zwischen Fern-Konsultation und elektronischem Rezept kann in Deutschland nun funktionieren. Den Patienten der «Teleclinic» wird mitgeteilt: «Falls Ihnen der Arzt ein Rezept ausgestellt hat, können Sie dieses direkt über die App einlösen. Das Medikament wird Ihnen als kostenlose Lieferung nach Hause geschickt oder Sie holen es bei der Partner-Apotheke vor Ort ab.»
In Deutschland betreibt «Zur Rose» die holländische Versandapotheke «Docmorris». In der Schweiz fehlt dem Unternehmen derzeit aber noch ein Telemedizin-Angebot. «Zur Rose» bietet den Patienten hierzulande bisher nur den Medikamentenversand an. Wenn das Unternehmen via «Teleclinic» künftig auch das Ausstellen von elektronischen Rezepten übernehmen kann, wird es lukrativ.
Konkurrenz für Medgate?
Die telemedizinischen Services der «Teleclinic» stünden «auch für den Schweizer Markt zur Verfügung», bestätigt denn auch Sprecherin Lisa Lüthi eine Anfrage von Medinside. «Wir prüfen, ob ein telemedizinisches Angebot einem Bedürfnis entspricht und einen Mehrwert bietet», sagt sie.
Damit dürfte «Teleclinic» zur Konkurrenz des Schweizer Telemedizin-Anbieters Medgate werden. Dieser ermöglicht unter der nahezu gleichen Bezeichnung «Tele Clinic» bereits digitale Arztbesuche.
Videokonsultationen für Ärzte
Medgate probt derzeit jedoch eine andere Art der Zusammenarbeit: Das Unternehmen hat sich ebenfalls vor knapp zwei Monaten mit der Privatklinik-Gruppe Swiss Medical Network (SMN) zusammengetan und wirbt nun für eine Dienstleistung, die sich nicht wie «Teleclinc» direkt an die Patienten richtet, sondern für Ärzte und Ärztinnen gedacht ist.
Medgate und SMN bieten ihnen die Möglichkeit, verschlüsselte Videokonsultationen durchzuführen. Die Patienten vereinbaren den Termin für ihre Telekonsultation direkt mit ihrem Arzt. Zum vereinbarten Zeitpunkt erhalten sie per SMS eine Einladung.
Zusätzliche Sprechstunde oder Erstbeurteilung
Mit solchen Videokonsultationen sollen die Ärzte ihre Patienten zwischen zwei persönlichen Sprechstunden zusätzlich betreuen können oder bei Erstkonsultationen eine erste Beurteilung vornehmen können.