Am 9. Juni stehen wir vor einer wichtigen Entscheidung: Wir stimmen über zwei Initiativen ab, die sich mit dem Gesundheitswesen befassen. Auf den ersten Blick scheinen beide Vorschläge eine willkommene Lösung zu bieten. Doch eine sorgfältige Betrachtung offenbart, dass sie teure und riskante Pfade einschlagen, ohne die grundlegenden Probleme anzugehen.
Die Prämien-Entlastungs-Initiative schlägt vor, dass niemand mehr als 10 Prozent seines Einkommens für Krankenkassenprämien aufwenden soll. Dieser Ansatz erscheint auf den ersten Blick gerecht. Allerdings birgt er das Risiko, dass die wahren Ursachen der steigenden Kosten im Gesundheitssystem nicht bekämpft werden. Die Initiative lenkt von den notwendigen strukturellen Veränderungen ab und setzt auf eine reine Finanzierungslösung, die langfristig sogar kontraproduktiv sein könnte.
Sie führt dazu, dass mehr Steuergelder in ein ineffizientes System fliessen, ohne die Anreize für einen sorgsamen Umgang mit Gesundheitsleistungen zu stärken.
Die Prognose, dass diese Initiative im Jahr 2030 über 8 Milliarden Franken kosten könnte, zeigt die finanzielle Tragweite dieser Entscheidung. Um dieses Unterfangen zu finanzieren, müsste die Mehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte erhöht werden. Damit würde die Kaufkraft des Mittelstandes krass geschwächt und alle Produkte würden sich in der Schweiz noch mehr verteuern.
Die Risiken der Kostenbremse-Initiative
Die zweite Initiative, die sogenannte Kostenbremse, verspricht eine Kontrolle der Gesundheitsausgaben durch politische Eingriffe, sobald diese im Vergleich zur Lohnentwicklung zu stark ansteigen. Dieser Ansatz übersieht wichtige demografische Trends wie die Alterung der Gesellschaft und die Zunahme der Lebenserwartung, die naturgemäss zu höheren Gesundheitsausgaben führen.
Die Gefahr besteht, dass durch die Initiative eine Rationierung von Gesundheitsleistungen eingeführt wird, was den Zugang zu notwendigen Behandlungen von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Menschen abhängig machen könnte. Eine solche Entwicklung hin zu einer Zweiklassenmedizin ist ein Schritt in die falsche Richtung und ein gefährliches Experiment mit unserem gut funktionierenden Gesundheitswesen.
«Bevor wir uns auf teure und riskante Experimente einlassen, sollten wir den bereits eingeleiteten Reformen Zeit geben.»
Was unser Gesundheitssystem stattdessen benötigt, sind grundlegende Reformen, die an den Wurzeln der Ineffizienz, des fehlenden Wettbewerbs und der verzögerten Digitalisierung ansetzen. Studien haben ein beträchtliches Einsparpotenzial identifiziert – sowohl durch die Anpassung der Preise als auch der Menge an Gesundheitsleistungen, ferner durch Digitalisierung.
Diese Potenziale zu erschliessen, würde langfristig zu einer effizienteren Verwendung der Ressourcen führen und die Qualität der Versorgung für alle verbessern.
Das Parlament hat bereits wichtige Schritte in diese Richtung unternommen, etwa durch die Vereinheitlichung der Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen und die Förderung digitaler Gesundheitslösungen. Diese Massnahmen sind vielversprechend, aber sie brauchen Zeit, um ihre volle Wirkung zu entfalten.
Fazit: Ein Aufruf zur Geduld und Weitsicht
Bevor wir uns auf teure und riskante Experimente einlassen, die mehr Probleme schaffen, als sie lösen, sollten wir den bereits eingeleiteten Reformen Zeit geben, ihre Wirkung zu entfalten. Es ist verführerisch, nach schnellen Lösungen zu suchen, besonders wenn es um so wichtige Themen wie die Gesundheitsversorgung geht. Doch die wahren Antworten liegen in durchdachten, langfristigen Strategien, die auf einer tiefgreifenden Veränderung des Systems basieren.
Das Parlament hat zu beiden Volksinitiativen je einen Gegenvorschlag verabschiedet. Dieser sieht einerseits eine Erhöhung der Prämienverbilligungen von mehreren hundert Millionen Franken pro Jahr sowie mehr Kostentransparenz im Gesundheitswesen vor.
Wenn wir beide Initiativen ablehnen, können die Gegenvorschläge in Kraft treten und unser Gesundheitswesen kann vor teuren und gefährlichen Experimenten verschont bleiben.