Die Behandlung von Patienten mit Multipler Sklerose (MS) könnte schon bald revolutioniert werden. Forschende des Inselspitals und der Universität Bern haben
eine neue Methode entwickelt, um Wirkstoffe über die Nasenschleimhaut direkt ins Gehirn zu transportieren.
Multiple Sklerose ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems, an der in Europa rund eine Million Menschen leiden. Sie führt zu Nervenschäden und neurologischen Symptomen wie Muskelschwäche, Seh- und Gefühlsstörungen.
Eine der Hauptursachen ist eine Entzündung, welche die Myelinscheide, die Schutzhülle der Nervenfasern in Gehirn und Rückenmark, schädigt. Dadurch wird die Reizübertragung gestört.
Herausforderung: Blut-Hirn-Schranke
Ein vielversprechender Ansatz zur Behandlung der Multiplen Sklerose ist das Protein Nogo-A, das die Regeneration geschädigter Nervenfasern hemmt. Studien an Tiermodellen haben gezeigt, dass spezifische Antikörper das Nogo-A-Protein hemmen und die Regeneration der Nervenfasern ermöglichen können.
Die Herausforderung besteht jedoch darin, diese Antikörper effektiv in das zentrale Nervensystem zu bringen, da die Blut-Hirn-Schranke den Zugang vieler medizinischer Wirkstoffe blockiert.
Die Berner Forscher nutzen eine neue Verabreichungsmethode, bei der die Antikörper direkt auf die Riechschleimhaut in der Nase aufgetragen werden. Von dort gelangen sie über den Riechnerv direkt ins Gehirn.
Im Tierversuch bewährt
Die Wirksamkeit dieser Methode wurde in einer unlängst veröffentlichten Studie an Mäusen nachgewiesen. Die mit den Antikörpern behandelten Mäuse zeigten nach 25 Tagen eine signifikante Verbesserung ihrer motorischen Fähigkeiten im Vergleich zur Kontrollgruppe. Dies war auf einen geringeren Abbau der Myelinscheide zurückzuführen.
Die Ergebnisse eröffnen neue Möglichkeiten für die Entwicklung von Therapieansätzen bei Multipler Sklerose. Die nicht-invasive Verabreichung über die Nase könnte die Hürde für die Behandlung der Nervenregeneration bei dieser Krankheit überwinden.
Anwendung auf andere Krankheiten
Die Studie basiert auf Kooperationen im Rahmen des von der EU geförderten Forschungsprojekts
«N2B-patch» und dessen Folgeprojekt
«Bio2Brain», an dem auch das Unternehmen CSL Behring beteiligt ist. Die multidisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Forschung, Technologie und Unternehmertum gilt als entscheidend für die Lösung komplexer medizinischer Herausforderungen.
Als nächsten Schritt planen die Forscher, die Methode zur Verabreichung von Wirkstoffen auch bei anderen Erkrankungen des zentralen Nervensystems zu testen und weiterzuentwickeln, um noch mehr Patienten zu helfen.