Wer ein gesundheitliches Problem hat, soll künftig nicht mehr eigenmächtig einen Arzt wählen dürfen. Der Bundesrat will, dass alle Patienten zuerst eine Erstberatungsstelle wählen.
Hausärzte als Anlaufstelle
Als Erstberatungsstelle gelten Hausärztinnen oder Hausärzte, eine HMO-Praxis oder ein telemedizinisches Zentrum. Diese sollen die Patienten zuerst beraten. Dann behandeln sie selber oder weisen sie an spezialisierte Ärztinnen und Ärzte weiter.
So will Bundesrat Alain Berset das Kostenwachstum im Gesundheitswesen bremsen. Von der Erstberatung verspricht sich die Bundesregierung Einsparungen von mehreren hundert Millionen Franken.
Spezialärzte sind nicht mehr erste Wahl
Aber auch die Patienten sollen profitieren «Sie erhalten mehr Qualität und mehr Effizienz», sagte Alain Berset vor den Medien. «Denn so lassen sich Doppelspurigkeiten und unnötige Behandlungen verhindern.»
Mit der zwingenden Erstberatung werden künftig die Spezialärzte zurückgebunden. Patienten werden sich nicht mehr eigenmächtig bei ihnen anmelden dürfen. Die Ärzteverbindung FMH hat denn auch umgehend auf Bersets Pläne reagiert: «Der rasche und ungehinderte Zugang zur Ärztin oder zum Arzt der eigenen Wahl wird erschwert», schreiben sie in ihrer Mitteilung.
«Nicht eingeschränkt, aber besser organisiert»
Das sei keine Einschränkung der freien Arztwahl, sagte Alain Berset vor den Medien. Die Patienten hätten nach der Erstberatung weiterhin freie Wahl. «Der Zugang zum Gesundheitswesen ist nicht eingeschränkt, aber er ist besser organisiert als heute.» Konkret soll die Erstberatung auch verhindern, dass Patienten mit ihren Leiden erfolglos von einem zum nächsten Spezialisten ziehen.
Modelle mit eingeschränkter Wahl der Leistungserbringer wie das Hausarztmodell hätten sich bewährt und seien heute breit akzeptiert, stellt der Bundesrat fest. Berset will mit dem Zwang zur Erstberatung diese Entwicklung weiter fördern. Und er argumentiert: «Exakt jene Menschen, die am meisten von einer Erstberatung profitieren würden, haben diese Modelle nicht gewählt.»
Auch Curafutura-Kassen kritisieren
Alain Bersets Massnahmen ernten auch bei den vier grossen Krankenkassen CSS, Helsana, Sanitas und KPT kein Lob. Diese wollen lieber eigene neue Sparmodelle anbieten. Sie fürchten denn auch, dass der Bundesrat mit der Verpflichtung zur Erstberatung ihre Versicherungsmodelle schwäche, statt sie zu stärken, wie deren Verband Curafutura in einer Mitteilung schreibt.
Koordinierte Versorgung und günstigere Medikamente
Alain Berset will zwei weitere Sparmassnahmen einführen:
Es soll mehr Netzwerke zur koordinierten Versorgung geben. Darin schliessen sich Fachleute aus unterschiedlichen Gesundheitsberufen zusammen und bieten medizinische Betreuung aus einer Hand an. Davon sollen vor allem Patienten mit mehreren chronischen Krankheiten wie Diabetes, Herzleiden und Arthrose profitieren.
Der Bundesrat will zudem neue Preismodelle mit Pharmaunternehmen festlegen: Die Unternehmen müssen dann einen Teil der Arzneimittelkosten an die Versicherer zurückerstatten. Medinside berichtete
hier über solche möglichen Modelle.