Die Gesundheits- und Pflegeangebote müssen unter ökonomischem Druck zum Nutzen der Patienten verbessert und die Leistungen innovativ und effizient weiterentwickelt werden. Die Leistungserbringung zum Wohle des Patienten erfolgt zunehmend im Verbund und basiert darum auf Kooperation unterschiedlicher Versorger. Der ökonomische Erfolg wird unter anderem über den Aufbau und die Orchestrierung von Wertschöpfungsnetzwerken («Ecosystems») realisiert. Darum bedürfen Führungskräfte im Gesundheitswesen in zunehmendem Masse der Fähigkeit, ein Changemanagement zu beherrschen, mit dem über Professionen, organisationale Grenzen und Branchen hinweg gedenkt und gearbeitet werden kann.
Das Gesundheits- und speziell das Spitalwesen befinden sich in einer mit Corona beschleunigten Transformation. Im Einklang mit dem steigenden Kostendruck stellen wir folgende markanten Änderungen im Betrieb von Spitälern fest: Die Versorger optimieren ihr Leistungsportfolio aktiv in Richtung mehr Spezialisierung und Leistungen, die im Verbund erbracht werden; niedrig bewertete Prozeduren werden in ambulante Behandlungen vor- oder ganz ausgelagert; Qualität wird zum Wettbewerbsfaktor; aus „Verweildauer“ wird „Prozesslaufzeit“; Kooperationen in die vor- und nachgelagerten Versorger müssen professionell aufgesetzt und dann gelebt werden; die internen Spitalstrukturen professionalisieren sich weiter; die Ökonomisierung schreitet auch bei nicht erlösrelevanten Berufsgruppen wie Pflege und Hauswirtschaft unaufhaltsam voran.
Diese Herausforderungen, denen sich das ganze Schweizer Spitalwesen gegenübersieht, machen adäquate Formen von Weiterbildung für Führungskräfte notwendig. Diese müssen unter anderem befähigt werden, über die Grenzen der eigenen Organisation hinauszudenken. Nur wer sich in die Funktionslogiken der jeweils anderen Teilbranchen des Gesundheitswesens hineinversetzen kann, wird Notwendigkeit und Ausgestaltung der immer dringlicher werden Kooperationen richtig erfassen.
Führungskräfte im Spitalwesen und in den Vor- und nachgelagerten Institutionen benötigen künftig vermehrt eine gemeinsame «Sprachfähigkeit». Sie müssen im Umgang miteinander – sei es in Bezug auf operative, strategische oder normative Managementthemen – auf einen gemeinsamen und einheitlichen gedanklichen Bezugsrahmen referenzieren können. Derart befähigte Führungskräfte bilden die Voraussetzung dafür, dass sich unser Gesundheitswesen gemeinsam und über Branchen- und Professionsgrenzen hinweg für die Zukunft aufstellen kann.
Das Schweizer Gesundheitswesen besitzt bisher keine Spitzeninstitution zu einer solch systematischen Aus- und Weiterbildung ihrer Führungskräfte. Diese Lücke wäre noch zu schliessen. Es ist nötig, dass künftige Führungskräfte der Schweizer Gesundheitswirtschaft die nötigen Kompetenzen erwerben, um die Transformation im Gesundheitswesen aktiv mitzugestalten. Eine solche Lernplattform könnte im Rahmen der von ihr angebotenen oder kuratierten Aus- und Weiterbildungsangebote die Teilbereiche der Gesundheitswirtschaft verbinden und den vertieften Austausch miteinander organisieren. Ihre Angebote müssen sich somit an die ganze Breite der Gesundheitswirtschaft richten: Zielgruppen sind sowohl Kader der Leistungserbringer als auch der Leistungsfinanzierer, der Zulieferer wie auch der Regulatoren und Behörden. Der Handlungsbedarf ist evident. Wenn gut geschulte Kader ihre Organisationen besser befähigen, die Zukunft zu bewältigen, entwickeln sie letzten Endes auch das Gesundheitswesen als Ganzes nachhaltig und zum Wohle der Patienten weiter.
Daniel Heller ist Partner bei Farner Consulting AG. 2000 übernahm er das Präsidium der Spezialklinik Barmelweid, wandelte diese als erstes Spital im Kanton Aargau in eine gemeinnützige Aktiengesellschaft um und wurde 2014 Verwaltungsratspräsident der Kantonsspital Baden AG. Daneben hat er verschiedene Verwaltungsratspositionen im Finanzbereich und Startup Bereich. Er hat in Zürich Geschichte, Wirtschaftsgeschichte und Politikwissenschaften studiert (Promotion Dr. phil. I).