Huldrych Günthard bleibt dabei: «Aus seiner Sicht ist bereits mit der heutigen Impfquote eine derart gravierende Belastung der Spitäler, wie es sie mit der zweiten Welle bis in das Jahr 2021 hinein gegeben hat, nicht mehr realistisch.» So zu lesen auf nzz.ch.
Die NZZ hat beim Leitenden Arzt für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene am Unispital Zürich (USZ) nachgefragt, weil dieser aufgrund früherer Äusserungen in die Kritik geraten war.
Das war am 21. Oktober. In einem NZZ-Interview sagte der Infektiologe, er könne sich sehr gut vorstellen, dass die Corona-Massnahmen nach der Impfoffensive aufgehoben werden könnten. Irgendeinmal müsse Schluss sein. «Ich glaube auch, dass das Gesundheitswesen das Problem jetzt stemmen kann.»
Genesene werden unterschätzt
Günthard begründete seinen Optimismus mit der «erheblichen partiellen Immunität». 65 Prozent der gesamten Bevölkerung seien geimpft, bei den über 12-Jährigen betrage die Impfquote sogar 75 Prozent. Hinzu kämen die Genesenen. Aus seiner Sicht unterschätzten manche Wissenschafter und Behörden den positiven Effekt, der von den Tausenden Genesenen ausgeht, die Covid-19 bereits durchgemacht haben.
Wie
Nzz.ch nun schreibt, musste sich der USZ-Professor in den sozialen Netzwerken den Vorwurf gefallen lassen, die Situation zu verharmlosen. Doch Günthard bestätigt nun, der optimistische Ton sei gewollt gewesen: «Es ist mir ein Anliegen, dass wir Spitalärzte nicht nur negative Szenarien verbreiten, sondern auch sagen, wenn es Grund zur Hoffnung gibt.»
Pargger ist weniger zuversichtlich
Hans Pargger ist Chefarzt und Leiter der Intensivstation des Unispitals Basel (USB). Er teilt die Zuversicht seines Kollegen nicht. «Mir ist auch klar, dass wir bald sukzessive in den Normalzustand wechseln sollten, aber ich befürchte, das wird erst im ersten Halbjahr 2022 möglich sein», wird Pargger, der der Task-Force des Bundes angehört, auf NZZ-online zitiert. Leider gebe es wegen der relativ tiefen Impfquote immer noch ausreichend viele Ungeimpfte, um Wellen zu produzieren, die bei den Hospitalisierungen alles übertreffen könnten, was wir bisher gesehen hätten.
Im Speisewagen
Montag, 1. November 2021, im Zug von Zürich nach Bern. Vis-à-vis sitzt eine Dame, vermutlich so Mitte 50. Man kommt ins Gespräch. Sie arbeitet als Pflegefachfrau im Inselspital und erst noch auf der Intensivstation. Schwierige Zeiten, seien das, sagt sie. Klar, der Stress auf der Intensivstation. Doch der Stress ausserhalb des Spitals setze ihr mehr zu, sagt sie.
Wie das? Da sei im Zug ein Mann gegenüber gesessen, ohne Maske. «Muss ich jetzt wegen Ihnen den Platz wechseln?» fragt die Pflegefachfrau, die selbstverständlich zweimal gegen Corona geimpft ist. Worauf ihr die Frau nebenan fast an die Gurgel gegangen sei.
Am schlimmsten sei jedoch der Donnerstagabend, sofern sie dann Spätdienst habe. Sie müsse sich jeweils beeilen, um den letzten Zug zu erwischen. Doch wegen der Anti-Corona-Demonstranten, die jeden Donnerstagabend in der Bundesstadt wüten, seien Busse verspätet, sie müsse jeweils aufs Taxi ausweichen.
«Da kämpft man sich den ganzen Tag mit ungeimpften Patienten ab; und nach Feierabend werde man von diesen Impfgegner zusätzlich gepiesakt». So oder ähnlich sagte es die Frau.
Na, was will man da noch sagen?