Wieviele neue Medikamente werden in einem Land bewilligt? Wie rasch werden sie bewilligt? Und wieviele davon werden durch die öffentlichen Versicherungen bezahlt? Der Verband der kanadischen Pharma-Hersteller untersucht dazu seit knapp zehn Jahren die internationalen Zahlen und Entwicklungen.
Im Hintergrund dieses Medikamenten-Vergleichs steht, dass die kanadischen Behörden offenbar eher langsam und zurückhaltend mit neuen Wirkstoffen umgehen – was der Branche logischerweise als Makel erscheint, welcher regelmässig neu aufgezeigt werden muss.
Grosse Spezialitätenliste
Jetzt wurde die Untersuchung neu erarbeitet, basierend auf 130 Arzneimitteln, die zwischen 2009 und 2013 international neu lanciert wurden. Interessanterweise zogen die Kanadier auch die Schweiz zum Vergleich heran: Sie zählt zu den 18 Industriestaaten, welche für die
Pharma-Organisation Rx & D als ökonomisch ähnlich gelten.
Und beim internationalen Vergleich zeigt sich nun, dass die Schweiz bei allen Werten eine überaus liberale Praxis pflegt: Sie gehört zur Handvoll Staaten, welche sowohl eine rasche Bewilligung ermöglichen als auch eine hohe Quote an Medikamenten haben, die von der öffentlichen Grundversicherung bezahlt werden. Bei insgesamt 130 beobachteten Wirkstoffen lag die Schweiz unter den drei Staaten mit der höchsten Bewilligungsquote; rund 90 Prozent der untersuchten Mittel erhielten hier eine Bewilligung – nur in Japan und den USA ist der Anteil noch höher.
Rx & D: «Access to New Medicines in Public Drug Plans: Canada and Comparable Countries», Juli 2015
Auch bei der öffentlichen Finanzierung landete die Schweiz mit gut 80 Prozent auf Rang fünf (hier zeigten sich die Gesundheitssysteme von Deutschland und Österreich noch als etwas grosszügiger).
Das Bild setzte sich bei den Biologics, bei den neu lancierten Krebsmitteln sowie bei den First-In-Class-Wirkstoffen: Auch dort zählte die Schweiz immer sowohl bei der Finanzierung wie bei Bewilligungs-Strenge zu den grosszügigsten drei bis fünf Staaten gehörte. Sie lag jeweils in allen Werten über 80 Prozent.
Leicht – für die Patienten? Für die Hersteller?
Hier scheint sich denn auch die Stärke der Pharmaindustrie in den einzelnen Ländern zu spiegeln, tendenziell zumindest: je bedeutsamer die Branche, desto leichter der Zugang zu den Patienten (beziehungsweise für die Patienten).
In Kanada ist die Sache übrigens gar nicht so eindeutig wahrgenommen: Mehrere grosse Zeitungen druckten als Reaktion auf die Rx&D-Studie Kommentare, welche die Vorteile einer eher langsamen Bewilligung und zurückhaltenden öffentlichen Finanzierung neuer Wirkstoffe priesen (
«National Post», «Calgary Herald», «Montreal Gazette»).