HIV-Daten-Leck zeigt: Elektronisch gespeicherte Gesundheitsdaten sind extrem heikel

Es wäre auch für Schweizer ein Alptraum: Ein Hacker stellt die Daten von Tausenden von HIV-infizierten Patienten online. Wegen solchen Gefahren tut sich die Schweiz schwer mit der Einführung eines elektronischen Patientendossiers.

, 30. Januar 2019 um 07:59
image
Die Nachricht wühlt viele Menschen auf, die sich um die Sicherheit ihrer Daten sorgen: In Singapur hat ein Hacker die persönlichen Daten von mehr als 14'000 HIV-infizierten Patienten online gestellt. Namen, Adressen und Telefonnummern der Patienten seien im Internet für alle sichtbar gewesen, gestand die Regierung ein.
In der Schweiz wäre das heute kaum möglich, weil personalisierte Gesundheitsdaten nicht zentral gesammelt und gespeichert werden. Doch Singapur treibt eine umfassende Digitalisierung in allen Lebensbereichen voran – auch im Gesundheitswesen.

Schon einmal gehackt

Es ist nicht das erste Mal, dass vertrauliche Gesundheitsdaten gestohlen worden sind. Letztes Jahr gelangten Hacker an Daten über 1,5 Millionen Singapurer, die Kliniken besucht hatten. Damals vermuteten die Behörden, dass die Hacker es auf Informationen über den Premierminister Lee Hsien Loong abgesehen hatten, der wegen Prostata-Krebs in Behandlung war.
Beim aktuellen Datendiebstahl fürchten sich die Betroffenen davor, dass Freunde und Verwandte von ihrer HIV-Infektion erfahren könnten und dass sie und ihre Familie dann ausgegrenzt werden könnten. In Singapur kann eine HIV-Infektion auch der Grund sein dafür, dass Ausländer keine Arbeitsbewilligung erhalten.
Meldungen von gestohlenen Gesundheitsdaten kommen derzeit in der Schweiz zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Denn vor ein paar Wochen kündete der Bundesrat eine neue Digitalisierungsoffensive im Gesundheitswesen, die so genannte Strategie eHealth 2.0, an. Wichtigstes Ziel dieser Strategie ist ein elektronisches Patientendossier für alle Menschen in der Schweiz. Dort sollen sämtliche Gesundheitsdaten gesammelt werden.

Weniger als drei Stellen für Datenschutz

Doch bei der Geschäftsprüfungskommission existieren Zweifel, ob der Datenschutz gewährleistet ist. Es sind nämlich nur 2,7 Vollzeitstellen vorgesehen für jene Behörden, die sich um den Datenschutz bei Millionen von Patientendossiers kümmern müssen.
Schweizerinnen und Schweizer sind sehr skeptisch, dass ihre Daten in einem elektronischen Gesundheitsdossier sicher sind. Das zeigte kürzlich eine Umfrage der Swisscom, die selber ein elektronisches Gesundheitsdossier anbietet.
Zwar waren 72 Prozent der Befragten der Meinung, dass es nützlich sei, wenn Ärzte und Therapeuten ihre digital gespeicherten Daten im Rahmen einer Behandlung untereinander austauschen dürften.
Allerdings würde bloss eine Minderheit, nämlich 37 Prozent, selber noch mehr Gesundheitsdaten in ihrem Dossier speichern. Die Umfrage zeigte auch, dass die Befragten in gezielten Hacker-Angriffen und in Sicherheitslücken eine grosse Gefahr für ihre Gesundheitsdaten sehen.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

In der Schweiz leben die Menschen länger – aber kränker

Bei der Lebenserwartung schneidet die Schweiz gut ab. Aber: Besonders Schweizer Frauen erleben die Zusatzjahre bei schlechter Gesundheit.

image

Kantonsspital Baden: KI überwacht den Husten

Ein neues Gerät soll helfen, anrollende Infektionswellen zu erkennen – um früher Massnahmen einzuleiten.

image

In Zürich eröffnet erstes Longevity-Zentrum der Schweiz

Auch an der Universität Zürich und an der ETH wird zu Langlebigkeit geforscht. Krankenkassen sehen sich vor neuen Herausforderungen.

image

Das Medikament aus dem Kleiderschrank

Empa-Forschende haben Textilfasern entwickelt, die gezielt Heilmittel abgeben können.

image

Kritik am neuen Prostata-Test

Durchbruch in der Prostatakrebsprävention oder vor allem Marketing? Urologen sehen den neuen Stockholm 3-Test kritisch.

image

Studie: Unser Gesundheitswesen ist eine CO2-Schleuder

Der Gesundheitssektor verursacht fast 7 Prozent der Schweizer Treibhausgas-Emissionen. Im internationalen Vergleich steht die hiesige Branche nicht allzu sauber da.

Vom gleichen Autor

image

SVAR: Neu kann der Rettungsdienst innert zwei Minuten ausrücken

Vom neuen Standort in Hundwil ist das Appenzeller Rettungsteam fünf Prozent schneller vor Ort als früher von Herisau.

image

Kantonsspital Glarus ermuntert Patienten zu 900 Schritten

Von der Physiotherapie «verschrieben»: In Glarus sollen Patienten mindestens 500 Meter pro Tag zurücklegen.

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.