Seit mehr als zwei Jahren erprobt die Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie (KJP) der Universitären Psychiatrischen Dienste Bern (UPD) ein neues Modell: das aufsuchende und stationsersetzende Versorgungsangebot für Kinder und Jugendliche mit akuten psychischen Erkrankungen.
Die Idee dieses Ansatzes ist es, das Umfeld und die bestehenden Ressourcen der Patienten intensiv in die Behandlung einzubeziehen und auf direkte Weise im Alltag zu stärken. Dadurch erhoffen sich die Profis neben der direkten Entlastung und Symptomreduktion durch die Behandlung einen nachhaltigeren Therapieerfolg: nach dem Behandlungsabschluss soll die Schwierigkeit entfallen, das Erlernte auch im Alltag anwenden zu können.
Junge Patienten waren gleich zufriedener mit der Behandlung
Erste Forschungsergebnisse weisen jetzt darauf hin, dass die Therapie im häuslichen Umfeld in ähnlichem Masse wirksam ist wie die stationäre Behandlung in der Klinik. Die intensive Behandlung psychischer Erkrankungen im Rahmen einer aufsuchenden Therapie führe zu ähnlichen Verbesserungen wie die stationäre Therapie in der Klinik.
Für die Studie verglichen die Ärzte um Michael Kaess von den UPD die Behandlungsverläufe junger Patienten. Die eine Gruppe wurde intensiv zuhause mit dem stationsersetzenden «Home Treatment» behandelt. Die anderen Patienten waren im selben Zeitraum auf einer der Kinder- und Jugendstationen der KJP in Therapie.
Beide Gruppen waren der Studie zufolge zu Beginn der Therapie schwer belastet und zeigten durch die Behandlung signifikante Verbesserungen. Und es zeigten sich zwischen den beiden Gruppen keine Unterschiede in den Behandlungsfortschritten und bei der Zufriedenheit mit der Behandlung.
Behandlung nicht nur für leichtere Fälle
Da die Schwere der Erkrankung in beiden Behandlungsgruppen vergleichbar war, zeigt die Studie, dass sich die Behandlung im häuslichen Umfeld nicht auf leichtere Fälle beschränken muss. Home Treatment stelle eine Alternative zur stationären Behandlung für ein breites Spektrum psychischer Erkrankungen dar.
Die Studienergebnisse stützen gemäss UPD das Vorhaben, in Zukunft ein Behandlungsangebot anzubieten, bei welchem Familien eine intensive Therapie beanspruchen können, ohne dass das betroffene Kind für die Zeit der Behandlung seine vertraute Umgebung verlassen muss. Stattdessen komme das interdisziplinäre Behandlungsteam zu täglichen Terminen nach Hause.