Preisvergleich bei ausgewählten Medizinalprodukten im «Kassensturz» vom 1. März 2016 (Screenshot SRF)
Das Bundesamt für Gesundheit erntete letzte Woche heftige Kritik: Die TV-Sendung «Kassensturz» und die Radio-Sendung «Espresso» brachten Fälle ans Licht, wo die amtlich bewilligten Preise für medizinische Hilfsmittel unkontrolliert und insbesondere überrissen erschienen. Die so genannte MiGeL-Liste, welche die Höchstvergütungen der Krankenkassen beispielsweise für Kompressen oder Krücken festlegt, sei völlig veraltet – so der Tenor.
«Die Höchstvergütungsbeträge entsprechen in der Regel einem Durchschnittspreis der auf dem Markt erhältlichen zweckmässigen Produkte», erklärt die Regierung – und dann gesteht sie ein: «Diese sind in der Tat teilweise veraltet.»
Zwei Preise für zwei Kunden?
Massgebend für die Verrechnung per Krankenkasse seien die Marktpreise der einzelnen Produkte: «Der Höchstvergütungsbetrag der MiGeL dient lediglich als Obergrenze der Vergütung durch die Krankenversicherung.»
Und weiter: «Dass einzelne Apotheken nicht den von ihnen normalerweise verrechneten Marktpreis, sondern den Höchstvergütungsbetrag fakturieren, muss als missbräuchlich bezeichnet werden.»
In der
SRF-Radiosendung «Espresso» legte Daniel Bach, der Kommunikationschef des BAG, sogar nach: Es sei nicht zulässig, wenn Apotheker den Kunden ohne Rezept einen anderen Preis verrechnen als Leuten mit ärztlichem Rezept.
Wer so vorgehe, verstosse erstens gegen das Wirtschaftlichkeitsprinzip des Krankenversicherungs-Gesetzes, zweitens «sehr wahrscheinlich» gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb – und drittens auch gegen die Preisbekanntgabe-Verordnung.
Zusammengefasst: Eine Apotheke, welche die MiGeL-Preise einseitig ausreizt, rutscht rasch einmal in die Illegalität und verletzt mehrere Paragraphen.
Erste Anpassungen bereits in diesem Jahr
Die Vertreter der Apotheker geben den Ball zurück. Primär liege die Aufgabe beim BAG, die Preisliste endlich zu überarbeiten, sagte Stephanie Balliana von Pharmasuisse auf Radio SRF. Obendrein sei es die Ausnahme, dass Apotheker der Grundversicherung den Maximalpreis verrechneten.
In seiner Antwort widerspricht der Bundesrat übrigens auch einer grundlegenden Angabe von Santésuisse. Verbandsdirektorin Verena Nold hatte zuvor bemerkt, dass das Einsparpotential einer bereinigten MiGeL-Liste bei etwa 100 Millionen Franken liege. Nun schreibt der Bundesrat: «Basierend auf ersten Analysen und dem Auslandpreisvergleich sieht das BAG ein Einsparpotenzial um die 10 Millionen Franken.»
Hier besteht offenbar Interpretations-Unterschied im Verhältnis von eins zu zehn. Bemerkt sei, dass BAG-Mann Daniel Bach
im «Kassensturz» unlängst von 10 bis 20 Millionen Franken gesprochen hatte – die Zahl wurde also in der offiziellen und schriftlichen Bundesrats-Antwort sogar noch an der unteren Grenzen veranschlagt.
Zurzeit werde für jede der gegen 700 Positionen der MiGeL eine Übersicht der verfügbaren Produkte erstellt. Die Produkte würden anschliessend geprüft und die Preise erhoben. Die Produktegruppen mit dem grössten Handlungsbedarf würden dabei prioritär behandelt. Erste Anpassungen sollen bereits 2016 erfolgen.