Die Santésuisse-Mitteilung erntete – gelinde gesagt – ziemlich undiplomatische Reaktionen. Am Freitag hatte der
Krankenkassen-Verband gemeldet, die Margen im Schweizer Medikamentenhandel seien im internationalen Vergleich zu hoch. Und zwar liessen sich 458 Millionen einsparen, wenn man das Niveau in etwa auf jenes vergleichbarer europäischer Länder absenken würde.
Dass dies zu Kritik seitens der Apotheker führen würde, war absehbar. Doch die Handels-Vertreter äusserten diesmal doch kaum verblümte Zweifel an der Redlichkeit oder am Know-how von Santésuisse. Claus Hysek, der Präsident des Vereins IFAK, sprach
auf Medinside von «Fantasiezahlen», die jeglicher Grundlage entbehrten. Auf
seinem Blog veröffentlichte der IFAK-Verein wenig später noch klarere Distanzierungen: «Handgelenk-mal-Pi-Zahl», «unglaubwürdig» oder schlicht: «Unsinn».
Ebenso kritisch äusserte sich PharmaSuisse-Präsident Fabian Vaucher. Nachdem er im «Tages-Anzeiger» noch einen recht abgewogenen Kommentar zu den Berechnungen abgegeben hatte («Es braucht eine Gesamtanalyse»), wurde
Vaucher auf Twitter dann schon deutlicher und nannte das Vorgehen «unprofessionell»: «Die Trump-Nachahmer von Solothurn ignorieren die Fakten.»
Replik: Die Apotheken unterschlagen eine zusätzliche Vergütung
Grund genug, um am Santésuisse-Sitz in Solothurn eine Stellungnahme zu erbitten: Was sagen Sie zu solch deutlichen Vorwürfen?
Den Ball zurück gibt Andreas Schiesser, Projektleiter Medikamente von Santésuisse:
«Über das KVG dürfen nur wirtschaftlich erbrachte Leistungen vergütet werden. Die Versicherten verstehen nicht, warum diese für eine Leistung mehr bezahlen sollen als die Kosten, die bei effizienter Leistungserbringung anfallen. Es liegt an den Apothekern zu dokumentieren, wie hoch die Kosten bei effizienter Leistungserbringung sind.
Sie hätten dazu eine gesetzlich verankerte Pflicht, dies zu dokumentieren. Die Apotheker unterschlagen in ihrer Reaktion auf den Margenvergleich von Santésuisse, dass sie für die Medikamentenabgabe anders als in vielen europäischen Ländern eine zusätzliche Vergütung erhalten. Diese sogenannte LOA-Abgabe beläuft sich auf zusätzlich 266 Millionen Franken.
Im Vertriebskanal für Medikamente müssen mehr Wettbewerb und neue Versorgungsformen zugelassen werden. In jedem Veränderungsprozess, wo es um Kostendämpfung zugunsten der Versicherten und zulasten der Leistungserbringung geht, beobachtet Santésuisse zuerst Resistenz und eine grundsätzliche Ablehnung der sachgeführten Diskussion – so auch hier bei den Apothekern.
Eine konstruktive Diskussion beginnt dann, wenn sich die Akteure darauf einigen, dass die steigenden Kosten der Leistungserbringung vor dem Hintergrund einer stagnierenden Volkswirtschaft dringend und nachhaltig gedämpft werden müssen.»