Schweizer Studie bestätigt Lungenschädigungen durch Covid-19

Eine schwere Covid-19-Erkrankung verringert auch vier Monate nach der Infektion die Sauerstoffaufnahme der Lunge, so das Ergebnis einer schweizweiten Studie.

, 8. Januar 2021 um 15:59
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Schwere Covid-19-Erkrankungen können auch nach vier Monaten noch anhaltende Beeinträchtigungen der Sauerstoffaufnahme der Lunge nach sich ziehen. Zu diesem Schluss kommt die Beobachtungsstudie «Swiss national Covid-19 lung study». Durchgeführt wurde diese unter der Leitung der Universitätsklinik für Pneumologie des Inselspitals, dem Berner Universitätsspital. An der Studie nehmen mittlerweile neun Zentren in der ganzen Schweiz teil, darunter befinden sich die wichtigen Pneumologie-Zentren des Tessins, der Romandie und der Deutschschweiz.
Ziel der Studie ist es, den mittel- und langfristigen Krankheitsverlauf von Covid-19 – insbesondere bezogen auf die Lunge – anhand klinischer Daten zu dokumentieren. Dabei wurden bisher die Daten von 113 Patientinnen und Patienten ausgewertet; 66 davon hatten einen schweren bis kritischen und 47 einen milden bis mässig-schweren Verlauf.

So stark sind die Lungen beeinträchtigt

Die Auswertung nach vier Monaten zeigt: Besonders nach schweren Covid-19-Erkrankungen ist die Lunge funktionell deutlich beeinträchtigt. Die funktionelle Veränderung konnte anhand einer verminderten Kohlenmonoxid-Diffusionskapazität (DLCO) festgestellt werden: Nach einer schweren Covid-19-Erkrankung betrug die mittlere DLCO 76 Prozent (Median) des erwarteten Wertes. Das bedeutet, dass eine schwere Covid-19-Erkrankung auch vier Monate nach der Infektion die Sauerstoffaufnahme der Lunge vermindert.
Indizien für die Beeinträchtigung liefern dabei auch die systematische Auswertung der computertomografischen Lungenaufnahmen. Professor Lukas Ebner vom Inselspital sagt dazu: «Obwohl die Darstellung der initialen Covid-19-Pneumonie im bildgebenden Verfahren relativ charakteristisch ist, sind die mittel- und langfristigen radiologischen Manifestationen derzeit noch nicht ausreichend verstanden.» Neben Schädigungen des Lungengewebes, die auf Folgen der schweren Pneumonie zurückgeführt werden könnten, weise das CT-Bild auch auf eine mögliche Beteiligung der kleinen Atemwege hin.
Ebner betont zudem, wie wichtig es ist, «einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen und dabei die zeitliche Entwicklung radiologischer, klinischer und funktioneller Parameter zu untersuchen, um mögliche Schäden durch Covid-19 in der Lunge zu verstehen». 

«Deutliches Warnsignal»

Die nachgewiesenen Veränderungen der Lunge sind ein «deutliches Warnsignal». Eine Covid-19-Erkrankung sei nach einer Akutphase längst noch nicht überwunden. Die Einschränkungen würden durch die zusätzlich beschriebenen neurologischen und kardiovaskulären Befunde noch verstärkt. Die Forschenden der «Swiss national Covid-19 lung study» weisen «mit Nachdruck» darauf hin, dass Patientinnen und Patienten auch nach der Akutphase von Covid-19 dringend medizinisch in Kompetenzzentren multidisziplinär betreut und begleitet werden müssen. 
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