Soziale Erlebnisse und Begegnungen sind elementar für die psychische und physische Gesundheit eines Menschen. Doch gerade Patienten mit psychischen Krankheiten wie Depressionen oder Borderline-Störungen leiden häufig unter sozialer Isolation. Zudem reagieren sie meist stärker auf soziale Zurückweisung als Gesunde, was den psychischen Störungen Vorschub leistet und deren Behandlung zusätzlich erschwert.
Mit den derzeit verfügbaren Medikamenten lassen sich soziale Defizite von psychisch kranken Menschen laut einer
Mitteilung der
Universität Zürich kaum wirksam behandeln. Es ist auch wenig über die Prozesse im Gehirn bekannt, die der Verarbeitung negativer sozialer Erlebnisse zugrunde liegen.
Psilocybin beeinflusst Hirnprozesse
Forscher der
Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (PUK) haben nun herausgefunden, dass Psilocybin, der bioaktive Bestandteil der mexikanischen Zauberpilze, diese Prozesse im Gehirn beeinflusst. Die Substanz stimuliert spezifische Rezeptoren des Neurotransmitters Serotinon. Bereits eine geringe Menge Psilocybin verändert offenbar die Verarbeitung sozialer Konflikte im Gehirn.
In einer Studie wurde die Reaktion der Teilnehmer auf soziale Ablehnung in den dafür zuständigen Hirnregionen abgeschwächt. Dies mit dem Resultat, dass sich Studienteilnehmer nach der Einnahme einer geringen Menge von Psilocybin weniger ausgeschlossen fühlten als nach der Behandlung mit einem Placebo. Sie berichteten zudem, dass sie weniger sozialen Schmerz empfunden hatten.
Katrin Preller, Thomas Pokorny, Andreas Hock, Rainer Kraehenmann, Philipp Stämpfli, Erich Seifritz, Milan Scheidegger, Franz Vollenweider: «Effects of serotonin 2A/1A receptor stimulation on social exclusion processing» in: «Processing of the National Academy of Sciences» (PNAS), 18. April 2016Die übersteigerte Wahrnehmung von sozialem Ausschluss und sozialem Schmerz kann dazu führen, dass sich Betroffene zurückziehen. Psilocybin scheint gemäss der Katrin Preller, der Erstautorin der Studie, genau in den Bereichen des Gehirns zu wirken, in denen bei psychischen Krankheiten eine erhöhte Aktivität nachgewiesen worden ist. Soziale Ablehnung ist damit dank Psilocybin weniger belastend für die Patienten.
Für ihre Studie nutzen die Wissenschaftler bildgebende Verfahren wie die funktionelle Magnetresonanz-Tomographie (fMRT) und die Magnetresonanz-Spektroskopie (MRS). Dabei entdeckten sie, dass ein weiterer Botenstoff beim Empfinden von sozialem Schmerz eine Rolle spielt: Aspartat.
«Wegweisende Erkenntnisse»
«Die nun publizierten Erkenntnisse könnten wegweisend sein, um die neuropharmakologischen Mechanismen von sozialem Austausch aufzuklären und langfristig neue Behandlungsansätze zu entwickeln», sagt Franz Vollenweider, Leiter der Gruppe Neuropsychopharmakologie und Brain Imaging. Dies dürfte dazu beitragen, wirksamere Medikamente zur Behandlung von Krankheiten wie Depression und Borderline-Persönlichkeitsstörungen zu entwickeln, die zu einer starken Reaktion auf negative soziale Erlebnisse führen.
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