Für eine Patientenverfügungen sollten sich die Betroffenen Zeit lassen – normalerweise. Anders zu Zeiten der Corona-Pandemie. Plötzlich müssen Ärztinnen und Ärzte schnell entscheiden, wie es mit Patienten nach einer notfallmässigen Einlieferung ins Spital weitergehen soll.
Nur gültig zu Corona-Zeiten
Es ist schwierig, in einer solchen Situation eine Notfallanordnung zu erstellen können, die dem Willen der Patienten entspricht. Deshalb hat ein Team um Tanja Krones, der leitenden Ärztin für klinische Ethik am Universitätsspital Zürich, eine Kurzentscheid-Hilfe ausgearbeitet – speziell für die Corona-Pandemie, und auch nur gültig während der Pandemie. Das betont das Team ausdrücklich.
«Wie gerne leben Sie?» lautet die erste Frage. Und die zweite: «Wie gross ist Ihr Lebenswille auf einer Skala von 0 bis 10?» Die Patienten sollen an die letzten Wochen denken und ihren Lebenswillen zum aktuellen Zeitpunkt angeben.
Angst vor dem Sterben?
Mit der Frage, welche Bedeutung es für die Betroffenen habe, noch lange weiter zu leben, soll ermittelt werden, ob noch grosse Aufgaben und Ziele auf die befragte Person warten. Und weiter: Hat der Patient Angst, zu sterben? Soll die Medizin mit allen Mitteln versuchen, ihn am Leben zu erhalten? Oder will er so wenig Leid und Belastung wie möglich erleben?
Welche medizinischen Behandlungen wären so schlimm, dass der Tod besser wäre? Oder fürchtet sich der Patient im Gegenteil davor, zu wenig medizinische Behandlung erhalten?
Lieber zuhause oder im Spital?
Dann folgen vier konkrete Fragen zur Notfallbehandlung: «Wären Sie bereit, in einer Krise in ein Spital einzutreten?» In der Erläuterung heisst es zu dieser Frage ausdrücklich: «Alle Menschen haben das Recht, sich in einem Spital behandeln zu lassen, unabhängig von Alter oder Krankheitszustand.»
Ziel der Frage ist es, zu erfahren, ob jemand zuhause behandelt und gepflegt werden möchte. Denn dazu braucht es Planung und Betreuung. Die nächste Frage ist, ob die Betroffenen bereits Erfahrungen oder zumindest Vorstellungen von den Behandlungsmöglichkeiten auf einer Intensivstation haben.
Beatmungsmaschine: Ja oder nein?
Und am Schluss sollen die Befragten ganz konkrete Fragen zur Notfall-Behandlung beantworten: Was sie sich von einer Behandlung auf einer Intensivstation versprechen, wieviel Belastungen sie auf sich nehmen würden, ob sie im Notfall auch an die Beatmungsmaschine wollten.
Dass dies alles schwierige Fragen sind, sind sich die Autorinnen bewusst. Immer wieder werden auch konkrete Nachfragen gestellt. In diesem Fall: «Was erhoffen Sie sich von einer künstlichen Beatmung, eventuell auch über längere Zeit?»
Wichtig für die ärztliche Notfallanordnung
Haben die Patienten die zwölf gestellten Fragen beantwortet und damit ihren Willen ausgedrückt, sollten Ärzte und Ärztinnen die Grundlagen dafür haben, die ärztliche Notfallanordnung zu erstellen. Diese Anordnung kommt in einer lebensbedrohlichen Notfallsituation zum Zug, wenn die betroffene Person selbst nicht mehr urteilsfähig ist.
Die Anordnung muss eindeutig sein: Zur Auswahl stehen sechs Möglichkeiten: Von A – alle vertretbaren Massnahmen – über die eingeschränkten Massnahmen BO, B1, B2 und B3 – bis hin zu C – nur Linderung, keine Lebensverlängerung. Soll die Anordnung gültig sein, darf nur eine Möglichkeit angekreuzt sein.
Intensivstationen sollen entlastet werden
Der Nutzen einer solchen speziellen Corona-Verfügung ist klar: Sie soll die Intensivstationen entlasten, wie Medinside
hier berichtete. Das Personal auf den Intensivstationen soll nicht ums Leben von Patienten kämpfen müssen, die eigentlich gar keine künstliche Beatmung oder andere Intensivpflege-Massnahmen möchten.
Allerdings sorgt der derzeit herrschende Druck, eine Patientenverfügung zu erstellen, für zwiespältige Reaktionen: Viele Menschen begrüssen es, dass sie sich Gedanken zum Sterben machen sollen. Andere schätzen die Beeinflussung jedoch nicht – oder fühlen sich sogar indirekt dazu genötigt, mit möglichst wenig Aufwand aus dem Leben scheiden zu müssen.
Die Corona-Patientenverfügung ist
hier herunterladbar.