In der Schweiz kennen wir ja auch
seit diesem Jahr den Medizin-Dolmetscherdienst «Was hab ich?». Er hilft, ärztliche Befunde und Papiere in eine Sprache zu übersetzen, die Patienten auch verstehen. Das Thema ist ja tatsächlich weitherum erkannt, das Bewusstsein geweckt: Diverse Untersuchungen zeigten, dass gut informierte Patienten vor der Behandlung weniger ängstlich sind – und danach bessere Zufriedenheitsnoten erteilen.
Einen mehr oder weniger hilfreichen Beitrag zur Überbrückung des Mediziner-Patienten-Grabens bietet nun ein Ärzteteam aus England. Der Vorschlag: Man solle die ärztlichen Informationen von Kindern «in einem durchschnittlichen Lesealter» übersetzen lassen. Damit dürfte man am ehesten eine Sprache und eine Form erreichen, welche von den Patienten vollumfänglich verstanden wird.
Gedacht, getan. Das Team um die Orthopädin Catrin Wigley vom University Hospitals Coventry and Warwickshire beauftragte 57 Schulkinder im Alter von 8 bis 10 Jahren, Broschüren für Spitalpatienten zu entwickeln. Konkret sollten die Kinder erklären, was einen beispielsweise beim Einbau einer Hüft-Prothese erwartet und wie der Eingriff abläuft.
Die Ergebnisse wurden nun im «British Medical Journal» veröffentlicht, wobei erwähnt sei, dass wir es mit der Weihnachts-Ausgabe zu tun haben: Die Studien dort sind thematisch nicht tierisch ernst gemeint – allerdings beanspruchen sie in der Methodik nicht weniger Seriosität als die BMJ-Veröffentlichungen in den 51 anderen Wochen des Jahres.
In der Experimentieranordnung erhielten die 57 Testpersönchen zuerst eine Lektion über Hüftendoprothetik. Dann mussten sie die erwähnte Broschüre erarbeiten, wobei vier Informationsfelder zu erfüllen waren: Indikation eines Eingriffs, mögliche Komplikationen, Vorbereitung, Nachsorge.
Die Resultate fielen im Tonfall teilweise ein bisschen grobschlächtig auf («Ihre Hüfte ist alt und verfault»), aber sie liessen dafür kaum an Klarheit zu wünschen übrig.
«Du kannst sterben!!!»
Diese Eigenschaft dürfte insbesondere bei den Informationen zu Risiken von Vorteil sein und sicherstellen, dass dem Spital später bei allfälligen Verantwortlichkeitsklagen daraus kein Strick gedreht werden könnte: «Du kannst sterben!!!», teilte ein Broschüren-Ersteller mit. Oder: «Du kannst eine Infektion kriegen, zum Beispiel in der Brust, oder Klumpen im Blut».
Zu den offenen Aufgaben gehörte es nun natürlich, die Effizienz und Effektivität der Leaflets an den Patienten zu prüfen. Die Auswertung der 57 Arbeiten zeigte aber immerhin, dass Schulkinder gute Führer sind, um relevante Kommunikation in für alle verständliche Formen zu giessen. Und dies ist durchaus ein ernstzunehmendes Resultat.
Insofern lässt sich aus der spleenigen Idee aus England eine konkrete Lektion ziehen: Es könnte sich tatsächlich lohnen, jedes medizinische Informationsblatt in einer ersten Stufe von einem gescheiten Schulkind entwerfen zu lassen.