Zur Debatte ums Globalbudget: Nichtstun müsste belohnt werden

Für einmal ein Lob des Globalbudgets: Der deutsche Arzt und Gesundheitsökonom schilderte die Chancen eines Kostendeckels – und Schwachpunkte des Schweizer Systems. «Das ist in dieser extremen Form recht selten.»

, 22. November 2017 um 10:05
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Was sind die Vorteile eines Kostendachs für das Schweizer Gesundheitswesen? Antworten dazu lieferte nun Reinhard Busse, Professor für Management im Gesundheitswesen in Berlin. In der «Berner Zeitung» wandte er sich gegen diverse Befürchtungen rund ums Globalbudget.
«Auf jeden Fall» würden die Patienten in Deutschland jederzeit einen Arzttermin erhalten, berichtete Busse. Diverse Instrumente stellten sicher, dass auch im Dezember noch Geld vorhanden ist; so wird der Betrag für die Arztpraxen in vier Quartale aufgeteilt. «Haben sie ihre Patientenzahl beziehungsweise ihr Punktvolumen erreicht, bedeutet das nicht, dass sie schliessen müssen. Die weiteren Leistungen werden aber deutlich niedriger vergütet.»
Busse, 54, studierte Medizin und Public Health, er ist heute Professor für Management im Gesundheitswesen an der Technischen Universität Berlin – und er war Mitglied jener EDI-Expertengruppe, die dem Bundesrat unter anderem die Einführung von Globalbudgets vorschlug.

Überversorgung ist auch nicht gut

«Die unlimitierte Vergütung von Leistungen über alle Bereiche hinweg» habe ihn beim Schweizer Gesundheitswesen überrascht, so Busse im BZ-Interview: «In dieser extremen Form ist das doch recht selten. Die meisten Länder sehen zumindest in bestimmten Bereichen eine Begrenzung der Gesundheitskosten vor.»
Auf der anderen Seite sei Überversorgung eben auch schädlich – etwa durch die Risiken, die ein unnötiger Eingriff mit sich bringt. Die Grenze, ab der einem Patienten eine Massnahme oder auch eine Operation als nützlich «verkauft» wird, werde immer weiter gedehnt. Die Aufnahme- und Eingriffsraten pro Spital und insgesamt sprächen da eine eindeutige Sprache. 

  • Zum ganzen Interview: «Auch Überversorgung ist schädlich», «Berner Zeitung», 22. November 2017.

Am Ende müsste man Vergütungsformen suchen, bei der Ärzte und andere Gesundheitsfachleute etwas dafür erhalten, dass sie nichts tun. «Das ist relativ schwierig – man kann einem Krankenhaus ja schlecht sagen: Wir wissen, dass ihr gerade in Versuchung seid, diesen Patienten zu operieren, und wir werden euch dafür bezahlen, dass ihr es nicht tut.»
Wer aber die Einführung von Globalbudgets prüfe, sollte diesen Aspekt auf jeden Fall berücksichtigen.
Ein weiterer falscher Anreiz müsste ebenfalls abgeschafft werden – dass Chefärzte für eine bestimmte Anzahl Fälle einen Bonus erhalten. Besser sei die deutsche Lösng, wo die Spitäler in den Verträgen mit ihren Chefärzten nicht mehr die Menge als Lohnkriterium verwenden dürfen. Boni können für Qualität vereinbart werden, nicht aber für die Anzahl Patienten. 


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