Zuwanderung: Wenn man vor Gefahren fürs Gesundheitswesen warnt

«Der oberste Arzt der Schweiz ruft zu SVP-Boykott auf»: Diese Schlagzeile fanden heute die Leser der «Nordwestschweiz»-Zeitungen. Was war geschehen?

, 1. Oktober 2015 um 09:26
image
  • politik
  • personalmangel
  • fmh
Der Artikel in «Aargauer Zeitung», «Solothurner Zeitung» oder «Basellandschaftlicher Zeitung» (Printausgaben) greift das Editorial auf, welches FMH-Präsident Jürg Schlup in der jüngsten Ausgabe der «Schweizerischen Ärztezeitung» publiziert hat. Schlumps Thema: Die Masseneinwanderungs-Initiative und ihre Folgen für die Gesundheitsbranche.
Der FMH-Präsident erinnert daran, dass etwa ein Drittel unseres Spitalpersonals ausländischer Herkunft ist – und dass auch bei der Ärzteschaft der Anteil in etwa gleich gross ist.

In einigen Jahren ein Luxusproblem

«Die Abhängigkeit unserer Gesundheitsversorgung von ausländischen Fachkräften ist bedeutend und der Mangel an Ärzten und anderen Gesundheitsfachpersonen, der bereits heute in einigen Regionen und Fachrichtungen besteht, dürfte uns in einigen Jahren als Luxusproblem erscheinen, sollte die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative zu eng ausgelegt werden», warnt Schlup. «Denn die Hoffnung, den Auswirkungen der Initiative durch eine bessere Ausschöpfung des inländischen Fachkräftepotentials begegnen zu können, dürfte sich im Gesundheitsbereich bestenfalls langfristig erfüllen.»
Ein entscheidender Punkt sei also, wie streng der vom Volk 2014 angenommene Verfassungsartikel umgesetzt wird. Schlup macht dabei konkrete Vorschläge, um die Versorgungssicherheit trotz allem zu gewährleisten.

Siehe auch: «Diese Mediziner wollen ins neue Parlament»

So erwähnt er die Möglichkeit einer Schutz- oder Ventilklausel für das Gesundheitswesen – auch um eine zusätzliche administrative Belastung der Branche zu vermeiden. Oder er regt an, dass die Kantone bei der Umsetzung ausreichend Spielraum erhalten.
Kurz: Es ist eine durchaus sachliche Analyse aus Sicht eines Verbandsvertreters. Die dann endet mit der Schlusspointe: «Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren politischen Volksvertreter, aber bitte vor dem 18. Oktober.» 
Und da wir uns im Wahlkampf befinden, ist diese Andeutung für die «Nordwestschweiz» dann eine «Wahlempfehlung». Die dann im Titel zu einem Boykottaufruf avanciert.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

«Es fehlt der Wille, veraltete Leistungen konsequent zu streichen»

Ist der Leistungskatalog der Krankenkassen zu locker? Der Nationalrat findet nicht. Er lehnte eine Motion gegen unwirksame Behandlungen ab.

image

Efas verteuert Prämien – und das weckt Widerstand

Mit dem neuen Finanzierungsmodell dürften die Krankenkassenprämien in 16 Kantonen steigen.

image

Baselland: Volk stimmt klar für Ärztestopp

Fast zwei Drittel der Stimmberechtigten befürworten eine Obergrenze für gewisse (Spezial-)Arztdisziplinen.

image

Teure Vitamintests: Wissenschafter spricht von «Schmarren»

Vitamintests und -spritzen belasten die obligatorische Grundversicherung, obwohl ihre Wirksamkeit kaum belegt ist.

image

Physiotherapie: Die Stolpersteine im Tarifstreit

Wie weiter im Tarifstreit in der Physiobranche? Die Frage ist: Welcher Streit – jener über die Tarifstruktur oder jener über den Preis?

image

Bagatellen im Notfall: Helsana korrigiert das beliebte Bild

Der Anteil der unnötigen Konsultationen in Spitalnotfällen sinkt stetig. Das wirft auch ein neues Licht auf die Strafgebühren-Debatte.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.