Der erste vom Bundesrat genehmigte
Qualitätsvertrag zwischen dem Spitalverband H+, Curafutura und Santésuisse verpflichtet die Spitäler, Mangelernährung systematisch zu bekämpfen.
Denn dabei handelt es sich um ein wachsendes Problem: Bis zu 40 Prozent der Patienten sind bei der Spital-Aufnahme mangelernährt. «Besonders betroffen sind ältere Menschen, Patienten mit mehreren Erkrankungen oder solche mit Krebserkrankungen», sagt Philipp Schütz, Chefarzt Allgemeine Innere und Notfallmedizin am Kantonsspital Aarau. Seit Jahren forscht er im Bereich der Ernährungsmedizin; Schützt wurde hierfür
mit dem Theodor-Naegeli-Preis ausgezeichnet.Für die betroffenen Patientengruppen sei eine frühzeitige Erkennung und individuelle Ernährungstherapie entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden und die Genesungschancen zu verbessern, betont Schütz.
Studien zeigen, dass bestimmte Massnahmen die Behandlungsqualität erhöhen und langfristig Kosten senken können. «Mangelernährung gewinnt an Brisanz und wird an medizinischen Fachtagungen verstärkt diskutiert», sagt Philipp Schütz – mehrere Spitäler hätten bereits Screening-Prozesse eingeführt, um gefährdete Patienten frühzeitig zu identifizieren.
Zudem zeige die Ärzteschaft heute mehr Interesse am neu etablierten interdisziplinären Schwerpunkt Ernährungsmedizin. «Dieser stärkt das spezialisierte Wissen zur Ernährungsmedizin in den Spitälern und verbessert die Qualität der Behandlung», erklärt Schütz.
Qualitätsvertrag
Allerdings stellt die Finanzierung der Massahmen oft eine Hürde dar: Der Kostendruck zwingt viele Spitäler, Personal abzubauen, wodurch der Aufbau spezialisierter Ernährungsteams gefährdet ist.
Der kürzlich vom Bundesrat genehmigte erste Qualitätsvertrag zwischen dem Spitalverband H+, Curafutura und Santésuisse sieht vor, das Management von Mangelernährung als eine zentrale Massnahme zur Qualitätsverbesserung festzulegen. Dadurch sind die Spitäler verpflichtet, das Thema Mangelernährung systematisch anzugehen und ein interprofessionelles Konzept für die Behandlung zu entwickeln.
Patienten-Screening
Konkret fordert der Vertrag von den Spitälern, dass mindestens 90 Prozent der Patienten auf Mangelernährung gescreent werden und bei Risikopatienten spezifische Massnahmen eingeleitet werden. Zeigt ein Patient Anzeichen von Mangelernährung, folgt ein detailliertes Ernährungs-Assessment – und gegebenenfalls eine Therapie.
«Wichtig ist auch zu betonen, dass verschiedene Studien beweisen konnten, dass der finanzielle Aufwand des Screenings und der Therapie mehr als kompensiert wird durch die Abnahme von Komplikationen», sagt der Experte.
Ebenfalls kann dieser Aufwand im DRG-System durch korrekte Abbildung und Kodierung der Mangelernährungsdiagnose/-behandlung nach den geltenden Kriterien des schweizerischen Kodierhandbuches zur direkten Vergütung beitragen.
Die «Malnutrition Awareness Week» (MAW) ist eine europaweite Aktionswoche, die sich dem Thema Mangelernährung und ihren negativen Folgen widmet. Sie findet unter dem Dach der ONCA-Initiative (Optimal Nutritional Care for All) statt und verfolgt das Ziel, eine evidenzbasierte Therapie der Mangelernährung in den Strukturen des Gesundheitswesens zu etablieren. Sie findet vom 11. bis zum 15.11 statt.