Jetzt muss Sandoz Geld verdienen

Ein weniger nobler Geschäftssitz und mehr Nachahmer-Präparate von Biotechmedikamenten: So will der Sandoz-Chef die neue Firma rentabel machen.

, 4. Oktober 2023 um 11:52
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In diesem Gebäude, dem Elsässertor, wird Sandoz ab nächstem Jahr seinen Hauptsitz haben. | PD
Seit heute gehört Sandoz nicht mehr zu Novartis. Das Unternehmen wird nun – nach 27 Jahren unter dem Novartis-Dach – wieder eigenständig an der Schweizer Börse gehandelt und muss für Anleger interessant werden.

Unrentable Generika

Das derzeitige Problem von Sandoz: Das Pharma-Unternehmen stellt vor allem Generika her. Und dieses Geschäft ist weit weniger rentabel als die Entwicklung und Herstellung von Originalpräparaten. Auf letzteres will sich Novartis künftig konzentrieren und hat deshalb Sandoz abgespaltet.
Die verstossene Novartis-Tochter muss deshalb künftig selber dafür sorgen, den Umsatz zu steigern und mehr Profit zu erwirtschaften.

In der Schweiz unbeliebt

Generika sind insbesondere in der Schweiz unbeliebt: Nur jedes vierte Medikament ist hierzulande ein Nachahmer-Präparat. Der Grund: «Arztpraxen und Apotheken in der Schweiz verdienen mit dem heutigen Margensystem mehr, je teurer die Medikamente sind», kritisiert der Sandoz-Chef Richard Saynor in einem Interview mit der «Berner Zeitung».

Weg vom noblen Campus

Saynor ist sich bewusst, dass Sandoz mit ihren Generika viel weniger Gewinn erwirtschaften wird als forschende Pharmafirmen. Deshalb zügelt das Basler Unternehmen nächstes Jahr vom noblen Novartis-Campus weg in günstigere Büros beim SBB-Bahnhof.

Billiges Slowenien

Produktionsstätten in Basel hat die Firma nicht mehr. Sie baut aber ihre Standorte in Deutschland, Österreich und Slowenien aus. «Slowenien ist deutlich günstiger als die Schweiz», sagte Saynor im Interview.

Subventionen von Österreich

In Österreich habe die Regierung Sandoz mit 50 Millionen Euro bei der Erweiterung der Antibiotika-Produktion unterstützt. Sandoz sei heute praktisch die einzige westliche Firma, die noch Antibiotika in grossen Mengen herstelle. Der Rest komme fast nur noch aus China und Indien, sagte Saynor.

Gewinnbringende Biosimilars

Sandoz wird künftig auf so genannte Biosimilars setzen. Das sind Nachahmerpräparate von biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln. Im Gegensatz zu den chemisch hergestellten Generika werden Biosimilars mit Hilfe gentechnisch veränderter lebender Organismen produziert.

Zwei Dutzend Sandoz-Biosimilars in Entwicklung

Diese Nachahmerprodukte sind teurer in der Herstellung als herkömmliche Generika. Deshalb lässt sich damit auch mehr Marge erzielen. Bisher verkauft Sandoz nur rund zehn Biosimilars, zwei Dutzend weitere sind noch in der Entwicklungsphase.
Doch bei vielen weiteren Antikörper-Therapien wird bald das Patent abzulaufen – was Sandoz entgegenkommen wird.
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