Während die Prämien Jahr für Jahr steigen, gibt es keine verlässliche Studie über das Einkommen der Ärzte in der Schweiz: Dies sei ein unhaltbarer Zustand, finden jetzt die Gesundheitsminister aus den Kantonen Genf und Waadt.
«Es ist nicht normal, dass es diese Informationen nicht gibt», erklärte der waadtländische Gesundheitsdirektor Pierre-Yves Maillard in
«Le Matin Dimanche» (Paywall). Sein Genfer Amtskollege Mauro Poggia fügte hinzu: «Von uns wird verlangt, ein Flugzeug mit verbundenen Augen zu navigieren».
Neue Studien wollen den Blick freilegen
In der Tat geht die letzte Erhebung der Ärzteeinkommen auf das Jahr 2009 zurück. Damals betrug das durchschnittliche mittlere Jahreseinkommen
aller Ärzte 190’500 Franken. Die FMH hatte die Studie damals beim Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien
Bass in Auftrag gegeben.
Und genau diese Erhebung will das Bundesamt für Gesundheit (
BAG) fortsetzen und verbessern. «Doch vor 2018 gibt es keine Daten», wird Kilian Künzi im Bericht zitiert, der zuständige Projektverantwortliche bei Bass. Gleichzeitig will auch der Kassenverband
Santésuisse ein ähnlich gelagertes Projekt zu den Ärzteeinkommen starten, schreibt «Le Matin Dimanche».
«80 Prozent sind Saläre»
Klar ist: Saläre machen den Löwenanteil der Gesundheitskosten aus. «Von den 30 Milliarden Franken, welche die Versicherten über das Bundesgesetz über die Krankenversicherung zahlten, sind 80 Prozent Saläre», sagt der
Freiburger SP-Nationalrat Jean-François Steiert der Zeitung; Steiert ist auch Vize-Präsident des Dachverbands Schweizerischer
Patientenstellen.
In der Diskussion um die Ärzteeinkommen ist auch die Kluft zwischen Spezialisten und Generalisten ein grosses Thema. Laut Oliver Peters, dem scheidenden BAG-Vize, gibt es bei diesen Kosten grosse (und grösser werdende) Unterschiede. Zwischen 2005 und 2015 betrug die Zunahme der Kosten bei den Generalisten knapp 30 Prozent – doch bei den Spezialisten fast 60 Prozent.
Antoine Hubert: «Gehälter sind verdient»
Für Santésuisse sind laut dem Bericht etwa Ophthalmologen und Radiologen zu gut bezahlt, während Allgemeinpraktiker zu wenig erhalten. Und etwa 1’000 von insgesamt 17’000 kontrollierten Ärzte betreiben laut dem Kassenverband einen Aufwand, der 30 Prozent über dem Durchschnitt der Fachkollegen liegt.
SP-Politiker Jean-François Steiert nimmt nun einen speziellen Aspekt aufs Korn: nämlich dass Ärzte rund 90 Prozent ihres Gehaltes aus den Grundversicherungen beziehen. Der Nationalrat will für die Arztsaläre jetzt eine Maximalgrenze festsetzen. Denn mehr als 500’000 Franken für ein aus der Grundversicherung bezahltes Salär seien «unanständig». Derweil seien 100’000 Franken für einen Arzt auf dem Land zu wenig.
Zum Thema: «In 10 Punkten: So will die SP das Gesundheitswesen kurieren»Ähnlich beurteilt das Steierts Parteikollege Pierre-Yves Maillard: Er will das ärztliche Einkommen in den Spitälern im Kanton Waadt auf 550’000 Franken begrenzen.
Antoine Hubert, der starke Mann in der Privatklinik-Gruppe Swiss Medical Network (
SMN), verteidigt derweil die Löhne der Mediziner: «Spezialisten, die zwischen 500’000 und einer Million Franken oder mehr verdienen, erzielen ihr Einkommen mit Privatversicherten und reichen Ausländern». Das habe keinen Einfluss auf die Grundversicherung, so Hubert. Für ihn sind die aktuellen Arztgehälter verdient, wie er «Le Matin Dimanche» sagte.