Generika sind in der Schweiz doppelt so teuer wie im Ausland

Generika statt Originalpräparate. Dies ist zweifellos zu begrüssen. Ärgerlich ist nur, dass die Nachahmerprodukte in der Schweiz im Schnitt doppelt so teuer sind als im Ausland. Verschiedene Seiten rufen nach einer Anpassung des Referenzpreissystems.

, 12. August 2018 um 22:24
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Der Bundesrat setzt Spitäler und Ärzte unter Spardruck. Dies ist zumindest die Wahrnehmung der Leistungserbringer. Der umstrittene Tarifeingriff von Gesundheitsminister Alain Berset sei nur das jüngste Beispiel dazu. Doch dort, wo es der Bundesrat selber in der Hand hätte, die Sparschraube anzuziehen, tue er wenig. 
Dies erklärte jüngst Pius Zängerle im Gespräch mit Medinside. Der Direktor von Curafutura denkt etwa an die Medikamentenpreise beziehungsweise an eine Anpassung des Referenzpreissystems.

Handlungsbedarf insbesondere bei Generika

Schon die Expertengruppe unter der ehemaligen Zürcher Gesundheitsdirektorin und Ständerätin Verena Diener verlangte die Einführung eines Referenzpreissystems. Insbesondere bei Generika bestehe Handlungsbedarf. Sie seien in der Schweiz doppelt so teuer wie in den neun Referenzländern, die vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) bei der Preisbildung von Originalpräparaten berücksichtigt würden. Zudem werden laut Expertenbericht auch Originalpräparate, die keinen besonderen Nutzen bringen, oft zu teuer angeboten und über die obligatorische Grundversicherung (OKP) vergütet.

«Das Referenzpreissystem patentabgelaufener Arzneimittel ist ein wichtiger Baustein für eine nachhaltige Dämpfung des Kostenanstiegs im Gesundheitswesen.» 

«Das Referenzpreissystem patentabgelaufener Arzneimittel ist ein wichtiger Baustein für eine nachhaltige Dämpfung des Kostenanstiegs im Gesundheitswesen», ist Pius Zängerle überzeugt.

Preisdifferenz zum Ausland: 52 Prozent

Auch Santésuisse, der etwas grössere, aber weniger laute Kassenverband macht sich im aktuellen Newsletter für Einsparungen bei den Medikamenten stark. «Bei den Generika beträgt die Preisdifferenz zum Ausland satte 52 Prozent», schreibt Santésuisse. Das bedeutet, dass die Nachahmerpräparate hierzulande doppelt so teuer sind als im Durchschnitt der Vergleichsländer.
Curafutura nennt ein konkretes Beispiel: Eine Packung mit 100 Tabletten Pantoprazol von Mepha kostet hierzulande 54.85 Franken; in den Niederlanden lediglich 12.55 Franken. Mitte nächster Woche, am 22. August, will Curafutura an einer Medienkonferenz weitere Beispiele aufzeigen.

Preisüberwacher: Referenzpreissystem als Eckstein

Wie viel sich dadurch einsparen liesse, ist unklar. Curafutura verweist bei dieser Frage auf den Preisüberwacher, der das Referenzpreissystem als einen «Eckstein in der Ausgestaltung der zukünftigen Schweizerischen Gesundheitspolitik» bezeichnete.
Alle vom Preisüberwacher vorgeschlagenen Begleitmassnahmen – also nicht nur das Referenzpreissystem - liessen jährliche Einsparungen von bis zu 800 Millionen Franken erwarten. Das entspreche einer jährlichen Prämieneinsparung von 100 Franken pro Person.
Gemäss dem Expertenbericht Diener hängen die Kosteneinsparungen von der Ausgestaltung des Referenzpreissystems ab. Je umfassender das System, desto höher dürften die Einsparungen ausfallen. Die Expertengruppe könnte sich auch ein schrittweises Vorgehen vorstellen, indem in einem ersten Schritt nur die Generika erfasst würden.

Vernehmlassung im Herbst

Ganz untätig war der Bundesrat auch wieder nicht. Im März verabschiedete er ein Kostendämpfungsprogramm, das auf dem genannten Expertenbericht basiert. Das BAG soll die neuen Massnahmen in zwei Etappen und in Form von zwei Paketen bis Herbst 2018 beziehungsweise 2019 prüfen und umsetzen.
In einem ersten Paket sollen Massnahmen zur Verbesserung von Kostenkontrolle und Tarifregelungen sowie die Einführung eines Experimentierartikels und eines Referenzpreissystems bei Arzneimitteln geprüft werden. Dies erklärt das BAG auf Anfrage. Die Vernehmlassung zu diesen Massnahmen werde im Herbst eröffnet.

So erklärt Curafutura das Referenzpreissystem

Beim Referenzpreissystem erhalten Patienten wie bisher ein vom Arzt ausgestelltes Rezept. Darauf ist aber nicht mehr der Markenname eines Medikaments vermerkt, sondern lediglich der Name eines langjährig bewährten und vom Krankenversicherer vergüteten Wirkstoffs.
Folgendes Beispiel: Ein Arzt verschreibt bei Gelenkschmerzen nicht mehr Voltaren, sondern lediglich den Wirkstoff Diclofenac. Die Patienten mit Gelenkschmerzen beziehen danach das günstigste Produkt mit dem Wirkstoff Diclofenac. Das wird mit grosser Wahrscheinlichkeit ein Generikum sein. 
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