Die Diskussionen über die Gesundheit von Donald Trump sind an dieser Stelle ja unter einer Fragestellung interessant: Darf man das? In der Psychiatrie galt und gilt es als unethisch, öffentliche Personen aus der Ferne zu beurteilen und dann die Diagnose noch öffentlich auszubreiten.
Angesichts gewisser Eigenarten des US-Präsidenten ist die amerikanische Ärzteschaft aber auf einer Stufe angelangt, wo namhafte und grosse Gruppen von Medizinern und Psychiatern die Sache anders sehen: Angesichts der Bedeutung des Amtes müssten die Hinweise auf psychische Erkrankungen auch diskutiert werden können
(eine Übersicht der Diskussion bis Ende Februar und ein Kommentar von Jeffrey Lieberman von der Columbia University findet sich hier).
«Bei einer Erkrankung besonders ausgeprägt…»
So weit, so interessant. Dabei dreht sich das Rad nun stetig weiter – und jetzt kommt ein Arzt und bietet sogar eine Sub-Diagnose. Es ist eine tieferliegende Deutung dessen, was bei Donald Trump als psychische Auffälligkeiten erscheint.
Angesichts ihrer Erfahrung, so Dr. Steven Beutler, könnten Ärzte gar nicht anders als sich nach medizinischen Diagnosen zu fragen. Und andererseits manifestieren viele Erkrankungen ihre ersten Symptome in Form von Persönlichkeitsveränderungen und psychiatrischen Ausprägungen. «Bei einer Erkrankung ist dies besonders ausgeprägt: Neurosyphilis».
Geht das? Steven Beutler ist ein Infektiologe aus Kalifornien mit einem Abschluss der University of
Chicago Pritzker School of Medicine und zwanzig Jahren ärztlicher Erfahrung.
Er schrieb diese Sätze in «New Republic», einem linken, aber durchaus ernsthaften Magazin, gegründet 1914, das auch Personen wie Wirtschafts-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz, den Historiker Niall Ferguson oder die Erfolgsautorin Zadie Smith zu seinen Autoren zählt.
Beutlers Diestanz-Diagnose besagt, dass die Neurolues im dritten Stadium der Syphilis typischerweise Symptome aufweist wie: Irritierbarkeit, Konzentrationsmängel, wahnhaftes Denken, Grössenwahn; die Gedächtnis-, Einsichts- und Urteilsfähigkeiten können eingeschränkt sein; und so weiter. Und auffällig sei jedenfalls, dass all diese Punkte auf den Präsidenten ebenfalls zutreffen.
«Leidet Trump an dieser Krankheit?», so Beutlers offene Frage. «Ich kann natürlich aus der Distanz keine Diagnose stellen. Anderseits ist es stets so, dass ich unvollständige Informationen habe, wenn ich einen Patienten vor mir habe, und manchmal gibt es auch überhaupt keine Informationen.»
Was war in den Achtzigerjahren?
Man müsse in solchen Situationen also eine Differentialdiagnose stellen. Und bekannt sei ja, dass Trump mit einem regen Sexualleben in den 1980er Jahren geprahlt habe – in einer Zeit, als die Syphilisraten in den USA stark gestiegen waren.
Die Argumentation des Infektiologen ist natürlich unendlich heikel. Zur Einordnung erwähnt sei, dass die Attacken gegen Donald Tump via medizinische Hebel seit Amtsantritt eher zugenommen haben – und noch noch weiter gehen, als man es hierzulande mitkriegt. Die Spitze ist derzeit ein
Gesetzesantrag, den ein demokratischer Volksvertreter im Repräsentantenhaus eingebracht hat: Er fordert, dass die Anwesenheit eines Psychiaters im Weissen Haus obligatorisch wird (zur Einschätzung: Die Präsenz eines Arztes ist seit 1928 vorgeschrieben).
Die Infektion ist heilbar
Steven Beutler rechtfertigt seine steile These mit der Bedeutung des Amtes: Es sei enorm wichtig für Trump wie für das Amt, diese Diagnose zu bestätigen oder auszuschliessen, denn diese Infektion ist heilbar («The importance — both to Trump and the nation — of establishing or ruling out this diagnosis cannot be overstated, because this infection is treatable»).