Es ist nicht nachvollziehbar, wie die Schweiz es sich leisten kann, eine aufgeblasene nationale Gesundheitsbehörde ohne ärztliche Entscheidungsträger zu finanzieren. Es ist geradezu grotesk, dass die wichtigsten Leistungserbringer so gut wie gar nicht vorkommen im Stellenetat des BAG. Es gibt nur eine, gerade neu besetzte ärztliche Kaderstelle. Kein einziges Land auf der Welt kann sich das leisten. Das wäre alles ja noch zu verkraften, wenn diese Elfenbeinturmbehörde wenigstens den Kontakt zu den ärztlichen Standesorganisationen suchen würde. Aber das Gegenteil ist der Fall. Seit Jahren macht das BAG einen grossen Bogen um die Ärzteschaft und versuchte auch als vermutlich einziges Land in der Welt, die Corona-Pandemie ohne den Einbezug der Ärzteorganisationen und der niedergelassenen Ärzte zu administrieren.
Das Resultat dieser feindlich-ängstlichen Einstellung zur Ärzteschaft sind wirklichkeitsferne Verordnungen und ständig neue Auflagen, die in geradezu grotesker Weise, die Ärzte in ihrer Arbeit behindern. In den letzten Jahren sind monströse Anordnungen erlassen worden, die schlichtweg nicht brauchbar und sicher nicht wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sind. Ich nenne einige Beispiele:
Die Verordnung VITH zum Heilmittelgesetz macht im Bereich der Aushandlung von Rabatten zur Förderung eines vermehrten Generikagebrauchs Auflagen, die nie im Sinne des Gesetzgebers waren und nicht erfüllbar sind. Hier hat das BAG einfach mit hochgeschraubten Hürden den Riegel schieben wollen, dass keine Rabatte mehr ausgehandelt werden. Die Pharmaindustrie jubelt.
Die Strahlenschutzverordnung zwingt sämtliche Ärzte in regelmässige 4-stündige Fortbildungen, die keinen Nutzen bringen und als reine Schikane empfunden werden. Wie wäre es, wenn wir sämtliche 800 BAG-Angestellten zu regelmässigen Fortbildungen verknurren würde, wie man Faxgeräte richtig warten soll?
Die Praxissterilisation von Instrumenten wurde mit einer Reihe von Auflagen total abgewürgt. Kaum eine Praxis kann sich unter diesen Auflagen noch eine Sterilisation vor Ort leisten. Das führt zu einem verrückten Verschleiss an metallischen Einweginstrumenten, die in der Qualität miserabel sind. Oder man leistet sich die zentrale Sterilisation über schnell in die Bresche gesprungene neue Anbieter. Es gibt keine rationale Begründung für das faktische Verbot der Praxissterilisation. Das BAG fördert damit eine ökologisch bedenkliche Wegwerfmentalität.
Die Einführung von neuen Laboruntersuchungen auf der Praxis-Analyseliste ist ein Ding der Unmöglichkeit und erfordert übermenschliche Geduld und Anstrengung. Dabei könnte man per sofort die beiden häufigsten nach extern vergebenen Labortests, das TSH und das Ferritin zu einem Drittel des Preises in den Praxislabors zur gleich hohen Qualität anbieten. Kosteneinsparung: geschätzte 50 Mio. pro Jahr plus Einsparung bei den indirekten Kosten für Zweitkonsultationen.
Die Einführung der obligatorischen Rechnungskopie an die Patienten wurde so dilettantisch vorbereitet, dass alle Intermediäre überrumpelt wurden und keine Lösungen bereit hatten. Die Ärzte müssen jetzt für 1.20 pro Rechnungskopie wieder Briefe an ihre Patienten verschicken. Mit einer sorgfältigen Planung hätte dies alles elektronisch umgesetzt werden können.
Aufgrund der offensichtlich mangelhaften Leistungsbilanz des BAG, sind hier ebenfalls einige kostendämpfende Massnahmen angezeigt:
Der Personalaufwand ist im BAG von 2014 bis 2020 um 43% auf 100 Mio. pro Jahr gestiegen. Die durchschnittlichen Lohnkosten für eine Vollzeitstelle liegen im BAG bei CHF 193'000.-. Als sofortige kostendämpfende Massnahme im BAG soll ein Personalstopp verhängt werden. Abgänge werden nicht mehr ersetzt bis der Personalbestand auf 50% der heutigen Belegschaft gesunken ist. Kosteneinsparung: 50 Mio.
Die Kaderstellen mit Bezug zur Gesundheitsversorgung werden mit Ärzten besetzt, die praktische klinische Erfahrung mitbringen.
Die Verordnungstexte werden drastisch gekürzt. Der Textumfang wird auf diesem Niveau eingefroren. Jede neue zusätzliche Verordnung bedingt die Aufhebung von alten Erlassen. So wie man alte Spitäler auch abreisst, wenn man neue baut. Die Verordnungen werden mit den betroffenen Leistungserbringerverbänden wie der FMH abgesprochen.
Das EPD wird sofort gestoppt und in Zusammenarbeit mit den Nutzern wie der Ärzteschaft und den Patienten von Grund auf neu gestaltet. Wir werfen gutes Geld in ein miserables Konstrukt, das komplett an allen Nutzerinteressen vorbei entwickelt wurde und deshalb auch von niemandem genutzt werden wird. Dies zeigt das Beispiel in Genf wo die bestehende Lösung «Mon Dossier Médical» mit 50'000 Nutzern zugunsten des neuen EPD abgeschaltet wurde und gerade mal 3'600 der Nutzer ein EPD eröffnet haben. Netto wurden also durch das EPD in Genf gut 46'000 Dossiers vernichtet.
Die finanziellen Aufwände für den Aufbau des EPD in der Schweiz werden durch den Bund mit CHF 92 Mio. beziffert. Die Bundesausgaben decken nur rund einen Drittel der nötigen Investitionen. Hinzu kommen Ausgaben für den Betrieb des EPD in Höhe von CHF 75 Mio. pro Jahr. Ein Teil steuern auch die Kantone bei. Im Betrieb soll das EPD je nach Region aber über die Leistungserbringer oder die Kantone finanziert werden. Die Leistungserbringer werden also einfach per Gesetz dazu verpflichtet eine teure komplizierte Lösung umzusetzen, welche weder den ihnen noch den Patienten einen Nutzen bringt.
Da diverse Stammgemeinschaften und EPD-Anbieter existieren, lässt sich dieser Rohrkrepierer auch kaum weiterentwickeln. Grundsätzlich gute Vorhaben wie ein elektronisches Impfbüchlein müssten nämlich von jeder Stammgemeinschaft separat entwickelt werden. Jede Weiterentwicklung wird also mindestens fünf Mal so aufwändig, als sie eigentlich sein müsste.
Die HTA-Gruppe des BAG mit einem Budget von 5 Mio pro Jahr wird sofort aufgelöst und an eine neue Trägerschaft vergeben.
Die Umsetzung des Qualitätsgesetzes mit einem Budget von 15 Mio. pro Jahr wird sofort gestoppt und geht zurück in SGK, welche zuerst mal eine Standortbestimmung macht und die Akteure anhört. Die Verordnung dazu wird geschreddert.
Das wären mal wirksame, zweckmässige und wirtschaftliche «kostendämpfende Massnahmen», die erst noch die Effizienz der Leistungserbringung deutlich steigern würden. Wir haben jetzt nur über die primären die Kosten gesprochen, die das BAG direkt verursacht. Nicht abschätzbar sind die noch weit höheren Aufwände und Kosten, die durch die sinnlosen Auflagen und die missglückten Projekte in den Kantonen und bei den Leistungserbringern verursacht werden.
Dr. med. Felix Huber, Präsident der mediX Ärztenetze