Telemedizin: Hautkrankheiten sind gar nicht so leicht zu erkennen

Ein Test von Telemedizin-Angeboten in den USA lieferte ernüchternde Erkenntnisse zur Qualität der Diagnosen.

, 26. Mai 2016 um 14:53
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Heikel ist die Sache, weil es um das Offensichtliche geht: Ausgerechnet bei Hautkrankheiten (respektive Krankheiten mit Ausprägungen auf der Haut) stellen Telemediziner relativ oft eine falsche Diagnose. Dies besagt ein Test, den Dermatologen von drei US-Universitäten jetzt veröffentlicht haben.
Dabei wurden Ärzte von 16 Online-Telemedizin-Zentren anonym überprüft: Im Auftrag der Forscher simulierten Probanden Erkrankungen wie Hautkrebs, Herpes und Syphilis, wobei sie Bilder einreichten und die jeweils wahrscheinlichen Werte und Symptome schilderten. 

Jack S. Resneck Jr, Michael Abrouk, Meredith Steuer et al.: «Choice, Transparency, Coordination, and Quality Among Direct-to-Consumer Telemedicine Websites and Apps Treating Skin Disease», in: «JAMA Dermatology», Mai 2016. 

Besonders gross war die Studie nicht – insgesamt erfasste sie die Antworten und Empfehlungen von 62 Ärzten. Und da sich die Ärzte in den betrachteten Telemedizin-Firmen (im Gegensatz zur Schweiz) teilweise mit Fotografien, Skype- und App-Kontakt zufriedengaben, ist die Situation auch kaum vergleichbar. Dennoch: Das Team um den kalifornischen Dermatologie-Professor Jack S. Resneck gibt immerhin einen Eindruck, welche Risiken und Vorsichtsmassnahmen mit Blick auf die Zukunft zu beachten sind.
So kamen die Ärzte bei einem gezeigten nodulären Melanom in drei von 14 Fällen zum Schluss, dass die Geschwulst gutartig sei. Eine junge Frau, die eine entzündliche Akne supponierte, wurde von keinem einzigen der 12 behandelnden Ärzte nach Phänomenen wie irregulärer Periode oder Veränderungen in der Gesichtsbehaarung befragt – so dass ihr polyzystischen Ovarialsyndrom unentdeckt blieb.
«Regelmässig», so die Studie in einem Fazit, stellten die Telemed-Ärzte gewisse einfache, aber relevante Fragen nicht: «diagnostic performance was poor».
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