Umfassendes Geständnis des Universitätsspitals Zürich (USZ): «Die Vorwürfe treffen weitgehend zu», schreibt das Spital in einer Mitteilung. Wie vermutet, hat Martin Rücker, der ehemalige Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG), Patienten des USZ seiner eigenen Privatpraxis zugewiesen.
Behandlung im USZ - Geld in die eigene Tasche
Doch nicht nur das: Die Privatpraxis erwies sich als reines Abrechnungskonstrukt. Denn die Behandlungen fanden in denselben Räumlichkeiten und mit demselben Personal wie die ordentlichen ambulanten Behandlungen des USZ am Zentrum für Zahnmedizin (ZZM) statt. Mit einem Unterschied: Kassiert hat der Direktor. Das USZ ging leer aus.
Durch dieses Konstrukt hat sich der Klinikdirektor auf Kosten des USZ bereichert. Nicht geschädigt wurden die Krankenkassen und die Patienten. Für sie spielte es keine Rolle, an wen die Behandlungskosten überwiesen wurden.
Strafanzeige gegen den Direktor
Zu diesen Schlüssen kommt eine Anwaltskanzlei, die im Auftrag des USZ die Privatpraxis des Klinikdirektors genau unter die Lupe genommen hat. Der Klinikdirektor ist mittlerweile nicht mehr am Unispital tätig.
«Wir haben aus dem Fall unsere Lehren gezogen und umgehend mit der Aufarbeitung begonnen», schreibt das USZ. Wie von der beauftragten Anwaltskanzlei empfohlen, reichte das USZ eine Strafanzeige gegen Martin Rücker ein. Das USZ prüft ausserdem, ob es vom Klinikdirektor Geld zurückfordern kann.
Mit «interdisziplinären Arztgesprächen» Umsatz gemacht
Ein zweites Geständnis des USZ betrifft die Klinik für Herzchirurgie: Das Spital hat ganz gewöhnliche Arztvisiten als teure «interdisziplinäre Arztgespräche» abgerechnet. Medinside berichtete
hier über den Verdacht.
Er hat sich nun erhärtet: Über die letzten rund drei Jahre habe die Klinikadministration systematisch solche bis zu 1000 Franken teuren «interdisziplinärem Arztgespräche» erfasst, obwohl sie im Klinikinformationssystem gar nicht eingetragen waren.
Täglich ein Gespräch
Die interne Abklärung des USZ hat gezeigt, dass die Klinikadministration diese Arztgespräche bei allen zusatzversicherten Patienten auf die Rechnung setzte – und zwar für jeden Tag auf einer Intensivstation oder einer Intermediate-Care-Abteilung.
Zwar finden auf diesen Abteilungen tatsächlich täglich Visiten mit verschiedenen Ärzten statt. Die Honorarposition ist aber nicht für solche Standardgespräche vorgesehen.
Ärzte wussten nichts
Wichtig ist: Die Ärzte, die diese Visiten durchgeführt haben und entsprechend auf der Abrechnung aufgeführt wurden, wussten laut USZ nichts von der Verrechnung in ihrem Namen.
Das USZ habe diese falschen Abrechnungen sofort gestoppt, versichert die Leitung. Eine Anwaltskanzlei soll das Vorgehen extern untersuchen. «Stichproben quer durch verschiedene andere Kliniken haben gezeigt, dass die Position dort korrekt dokumentiert und abgerechnet wurde.»
Geld geht an die Krankenkassen zurück
Das USZ will die unrechtmässig in Rechnung gestellten Kosten den Krankenkassen vollumfänglich rückerstatten. Dafür hat sie im September 2020 bereits die notwendigen Rückstellungen gebildet. Auch hier hat das USZ eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet. Die Auszahlungen aus dem Honorarpool der Klinik will sie zurückfordern.