Corona machte eine Walliser Firma zur Börsenkönigin

56 Prozent: Um so viel nahm der Börsenkurs des Walliser Chemiewerkes Lonza im Verlauf dieses Jahres zu. Es produziert den teuersten Corona-Impfstoff.

, 13. Januar 2021 um 09:53
image
  • medikamente
  • forschung
  • coronavirus
  • lonza
  • wallis
  • visp
Lonza hatte 2020 den grössten Kurszuwachs unter den 20 Firmen, die im Swiss Market Index (SMI) erfasst werden. Um 56 Prozent höher als Anfang Jahr werden die Aktien des Walliser Unternehmen gehandelt. Im November lag der Aktienkurs bei fast 638 Franken. Derzeit sind es immerhin noch gegen 590 Franken.

1 Million Impfdosen pro Jahr aus Visp

Ihren Höhenflug verdankt die Chemiefirma dem Coronavirus. Lonza wird in Visp 400 Millionen Impfstoffdosen pro Jahr herstellen. Den Auftrag dazu hat sie von der amerikanischen Firma Moderna. Insgesamt haben Moderna und Lonza eine Produktionsmenge von 1 Milliarde Dosen pro Jahr vereinbart. Die Produktion in Visp hat auf Hochtouren zu laufen begonnen.

Der Schweizer Impfstoff ist der teuerste

Die genauen Preise der Corona-Impfstoffe sind an sich geheim. Sie hängen von den Verträgen ab, welche die Gesundheitsbehörden der Staaten mit den Herstellern abgeschlossen haben. Es kursiert aber eine Preisliste, die für die EU-Staaten gilt.
Demnach ist der Moderna-Impfstoff für umgerechnet 16 Franken pro Dosis der teuerste. Etwas günstiger ist der bereits im Dezember in der Schweiz zugelassenen Impfstoffs von Pfizer-Biontech. Er kostet für die EU-Staaten angeblich 12 Euro, also umgerechnet 13 Franken.
Am billigsten wird der Impfstoff von Astrazeneca gehandelt. Er soll nur knapp 2 Franken kosten, ist aber gemäss ersten Studien auch nur zu 70 Prozent wirksam.
Die beiden teuren Produkte von Pfizer-Biontech und Moderna sind genbasierte neu entwickelte Impfstoffe. Astrazenecas Impfstoff wirkt nach traditioneller Methode: Er verwendet eine abgeschwächte Version eines Erkältungsvirus von Schimpansen.
Auf den hohen Preis seines Impfstoffs angesprochen, sagte gestern der Europa-Chef von Moderna, Dan Staner, gegenüber Fernsehen SRF: «Wir forschen seit zehn Jahren und haben Hunderte von Millionen Dollar investiert.» Der Profit aus dem Verkauf werde nicht für Dividenden verwendet, sondern fliesse wieder in die Forschung nach Impfstoffen, versicherte er.

Vorbestellt sind 7,5 Millionen Impfdosen

Der Bund hat sich bereits im August 7,5 Millionen Impfdosen von Moderna gesichert. Nun ist die Bewilligung für den Impfstoff da. Eine erste Lieferung von 200 000 Dosen kommt in den nächsten Tagen in die Armeeapotheke. Diese verteilt den Impfstoff an die Kantone.

Vor 123 Jahren noch ein Elektrizitätswerk

Bemerkenswert ist die Geschichte des Unternehmens Lonza, das nun zur Zulieferantin eines der wichtigsten Präparate für die ganze Welt wird. 1897 wurden in Gampel im Kanton Wallis die Lonza Elektrizitätswerke gegründet. Benannt waren sie nach dem Fluss, der aus dem Lötschental ins Wallis fliesst. Mit der erzeugten Elektrizität wurden zunächst Calciumcarbid und Acetylen hergestellt. 1909 erfolgte der Umzug nach Visp, wo die Lonza zuerst Kunstdünger produzierte.

Bis Sommer Impfstoff für alle

Nun wird Lonza mit der Impfstoff-Herstellung vorläufig ausgelastet sein: Bis im Sommer sollen sich alle impfen lassen können, die dies möchten, verspricht das Bundesamt für Gesundheit (BAG).
Zusammen mit dem bereits zugelassenen Impfstoff von Pfizer-Biontech hat die Schweiz im Januar nun 500 000 Impfdosen zur Verfügung. Für einen optimalen Impfschutz sind zwei Dosen im Abstand von rund vier Wochen nötig. Die beiden Impfstoffe von Pfizer-Biontech und Moderna haben eine ähnlich hohe Schutzwirkung von rund 95 Prozent.

Impfstoff schleust Bauanleitung in den Körper

Beide setzen auf eine neuartige Wirkweise: Nämlich auf ein Botenmolekül, das die Bauanleitung zur Herstellung von Proteinen mit sich trägt. Diese übermittelt den Körperzellen die nötige Information, wie sie ein Virus-Protein herstellen sollen. Sobald das Protein im Körper produziert wird, erkennt es das Immunsystem als körperfremd und produziert so Antikörper gegen das Virus. Die Immunantwort bereitet den Körper auf die Bekämpfung des Virus vor.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Medikamente erstmals grösster Kostenblock in der Grundversicherung

Erstmals liegen die Ausgaben über 9 Milliarden Franken. Mehrere Faktoren spielen hinein: teure Neueinführungen, Mengenausweitung, zusätzliche Indikationen, höherer Pro-Kopf-Verbrauch.

image

Antibiotika in der Schweiz: Rückgang mit Ausnahmen

Von 2015 bis 2022 sank der Antibiotikaverbrauch in der ambulanten Versorgung deutlich. Doch nicht alle Fachrichtungen zeigen den gleichen Trend.

image

Bürokratie-Fiasko beim Zugang zu Medikamenten

Eine internationale Studie zeigt: Bürokratie ist in der Schweizer Gesundheitsversorgung ein grosses Problem. Gleichzeitig erschweren veraltete Prozesse den Zugang zu innovativen Medikamenten. Lösungen lägen auf dem Tisch – doch die Politik droht, die Situation noch zu verschlimmern.

image

EU gibt Novartis grünes Licht für Kisquali gegen Brustkrebs im Frühstadium

Der Wirkstoff Ribociclib soll insbesondere Patientinnen helfen, bei denen das Risiko besteht, dass sie einen Rückfall erleiden.

image

Antibiotika-Therapie: In Praxen und Kliniken immer noch suboptimal

In Baden-Württemberg erforschte man den Antibiotika-Einsatz in zehn Spitälern. Heraus kam ein halbes Dutzend heikler Punkte.

image

Luzern will wieder eine Long-Covid-Anlaufstelle

Die Sprechstunde am Luzerner Kantonsspital wurde im Frühling geschlossen. Nun fordert die Gesundheitskommission ein überkantonales Angebot.

Vom gleichen Autor

image

«Hausarzt ist kein Beruf, den man subventionieren muss»

Ein Arzt macht vor, wie eine Berggemeinde zu medizinischer Versorgung kommt. Und er kritisiert Kollegen, die einfach ihre Praxis schliessen.

image

Pflegefachleute verschreiben so sachkundig wie Ärzte

Das dürfte das Pflegepersonal freuen: Es stellt laut einer US-Studie genauso kompetent Arzneimittel-Rezepte aus wie Ärzte.

image

Temporär-Arbeit in der Pflege: Ein Angebot mit Haken

Es gibt gute Gründe für Pflegefachleute, sich nur noch temporär anstellen zu lassen. Aber es gibt auch ein paar gute Argumente dagegen.