Die Kommunikation medizinischer Befunde und damit verbundener Risiken ist komplex: Sowohl Patienten als auch Ärzte haben Schwierigkeiten, statistische Daten richtig zu interpretieren. Eine Studie der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) zeigt nun: Die Art und Weise, wie Ärzte statistische Informationen an Patienten weitergeben, beeinflusst, wie gut diese ihre Risiken einschätzen können.
Konkretes Beispiel ist der Krebsverdacht nach einer Schilddrüsenuntersuchung: Die Studie unterscheidet zwei Ansätze zur Erklärung der statistischen Zusammenhänge nach einem positiven Testergebnis: den Bayes'schen Ansatz und die diagnostische Information. Die diagnostische Information hilft dem Patienten, die Situation besser zu verstehen, während der Bayes'sche Ansatz zu Verwirrung führen kann, wie die Studie zeigt.
Bayesianische und diagnostische Information
Der Bayes'sche Ansatz geht von der Anzahl der tatsächlich erkrankten Personen aus. Man gibt also zunächst an, wie häufig die untersuchte Krankheit insgesamt auftritt, z.B. «von 1000 Patienten haben 50 ein Schilddrüsenkarzinom». Dann gibt man an, bei wie vielen dieser Erkrankten das Testergebnis positiv ist (20 von 50 Erkrankten) und zusätzlich, wie viele der nicht Erkrankten trotzdem ein positives Testergebnis haben (110 von den verbleibenden 950).
Ganz anders verhält es sich bei der diagnostischen Information: Hier erfährt man zunächst, wie viele Patienten ein positives Testergebnis haben, unabhängig davon, ob sie tatsächlich erkrankt sind oder nicht. Im Beispiel wären dies 130 Personen mit einem auffälligen Schilddrüsenultraschall (von 1000 Untersuchten). Anschliessend wird ermittelt, wie viele dieser positiv getesteten Personen tatsächlich erkrankt sind (20 von 130) und wie viele ebenfalls erkrankt sind, obwohl ihr Testergebnis negativ war (30 von 870).
Bayes'sche Ansatz kann zu Verwirrung führen kann
Die relevante Information in der diagnostischen Information ist direkt und ohne Kopfrechnen enthalten: Wenn mein Befund positiv ist, ist die Wahrscheinlichkeit 20 zu 130, dass ich wirklich Schilddrüsenkrebs habe. Bei dieser Art der Kommunikation kamen über 70 Prozent der Studienteilnehmer zu dieser Schlussfolgerung, beim Bayesianischen Ansatz waren es nur 10 Prozent.
Hinzu kommt, dass die Probanden bei der Bayesianischen Kommunikation deutlich langsamer oder gar nicht zum richtigen Ergebnis kamen. «Selbst Ärzte haben oft Schwierigkeiten, den richtigen Vorhersagewert zu bestimmen. Und wenn die Daten schon für den Arzt schwer zu interpretieren sind, ist es noch schwieriger, sie dem Patienten richtig und verständlich zu vermitteln», sagt Studienautorin Karin Binder.
Wie statistische Informationen am besten vermittelt werden
Die Wissenschaftler aus den Fachbereichen Medizin, Medizindidaktik und Mathematikdidaktik der LMU empfehlen Ärzten, mehr Wert auf diagnostische Informationen zu legen und sich ausreichend Zeit zu nehmen, um ein vollständiges Bild der Situation zu erklären. Dadurch können Verwirrung, Fehlinterpretationen und Fehlentscheidungen reduziert werden.
Noch besser wäre es, sich ausreichend Zeit zu nehmen, um dem Patienten ein vollständiges Bild der Situation zu erklären, das sowohl diagnostische als auch Bayes'sche Informationen enthält.