Genf: Kinderärzte kündigen Streik an

Der Bundesgerichts-Entscheid zu den Notfall-Entschädigungen zieht weitere Kreise.

, 27. November 2024 um 19:52
image
Symbolbild: Kelly Sikkema on Unsplash
Die Mitglieder der Société genevoise de pédiatrie (SGP) haben an einer ausserordentlichen Generalversammlung beschlossen, ab 21. Dezember teilweise in den Ausstand zu treten – kein Dienst mehr zu Randzeiten. 92 Prozent der anwesenden Kinderärztinnen und Kinderärzte stimmten für diesen Schritt.
Die Aktion richtet sich gegen die Zustände, die durch den inzwischen landesweit debattierten Bundesgerichts-Entscheid vom Juni 2024 entstanden sind: Danach können Mediziner keine besondere Inkonvenienz-Entschädigung erwarten, wenn sie fortgesetzt zu Randzeiten und am Wochenende ihre Dienste anbieten; vielmehr gelten die höheren Tarife nur für ausserordentliche Notfall-Einsätze.
Das Bundesgerichts-Urteil trifft insbesondere Unternehmen, die Permanencen und Walk-in-Praxen betreiben.
Doch hinter die angekündigte Protestaktion stellen sich in Genf auch die Kinderärzte mit eigener Praxis – getragen teils aus eigener Betroffenheit, teils mit einer Prise Solidarität. «Auch sie bieten Notfalltermine an, und in diesem Zusammenhang könnten sie betroffen sein», sagte Martine Bideau, Co-Präsidentin der kantonalen Pädiatrie-Gesellschaft, gegenüber der «Tribune de Genève».

«Symbol der Anerkennung»

Und Yves Corajod, der andere Co-Präsident, nannte die Entschädigung ein «Symbol der Anerkennung». Der Bundesgerichts-Entscheid bedeute einen Einkommensverlust von 25 Prozent für Kinderärzte in der Bereitschaft, und dies, obwohl die Tarife bei den Pädiatern ohnehin schon tief seien: «Wir können nicht von Fachleuten verlangen, dass sie abends, am Wochenende und an Feiertagen unentgeltlich arbeiten!»
Denn nun fällt auch die Sonder-Entschädigung für den ambulanten Notfalldienst weg, den die Ärzte gemeinsam abends und am Wochenende in drei Zentren anbieten.
Dieser «Service de Garde» wird nun ab 21. Dezember ausgesetzt. Und so droht den Genfer Kindern, dass sie in der Weihnachtszeit in den Spital-Notfall müssen, wenn sie ausserhalb der üblichen Sprechstunden-Zeiten ärztliche Hilfe benötigen.
Die Gesellschaft ist bereits in Gesprächen mit dem kantonalen Gesundheitsdirektor Pierre Maudet, wie die Lage bewältigt werden kann.
  • Notfallpraxis Sursee: Ende Woche ist Schluss. Früher als geplant stellt die Notfallpraxis der Hausärzte in Sursee den Betrieb ein – wegen «Administrativspielchen» der Krankenkassen.
  • Tarmed-Streit: Ärzte demonstrieren in Genf. Die Genfer Grundversorger sind nicht mehr bereit, weitere Senkungen ihres Einkommens hinzunehmen.

  • praxis
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Zürcher Ärzte warnen: Notfall-Versorgung gefährdet

Die kantonale Ärztegesellschaft ruft die Versicherer auf, auf die Rückforderung von Notfall-Inkonvenienz-Pauschalen zu verzichten.

image

Behördenvorgaben: Ärzte beklagen überflüssigen Aufwand

Mehr Arbeitszeit für Dokumentation, weniger ärztliche Arbeitszeit bei den Patienten: Dieser Trend setzte sich auch im letzten Jahr fort.

image

Plädoyer für die Teilzeit-Krankschreibung

Es sei überholt, dass man nur ganz krank oder gar nicht krank sein kann, findet der oberste Arzt Deutschlands.

image

Ambulante Pauschalen: Chirurgen verlangen mehr Mitsprache

Die FMCH kritisiert, dass der Input der Spezialärzte in der OAAT zuwenig beachtet wurde. Und sie bietet an, bei der Überarbeitung der Pauschalen stärker mitzuwirken.

image

Schon vorbei? Britische Ärzte wollen keine Physician Associates mehr

Die führenden Medizinerverbände der Insel fordern, dass der Einsatz von Klinischen Fachspezialisten in den Praxen gestoppt wird.

image

Swiss Medi Kids in Existenznot – Modell mit Swica und CSS

Das Bundesgerichts-Urteil zu den Notfallpauschalen hat in der Kindermedizin besonders deutliche Folgen.

Vom gleichen Autor

image

Neuer Präsident der Gesellschaft für Dysphagie

Bartosz Bujan von der Klinik Lengg wird Nachfolger von Jörg E. Bohlender

image

Ophthalmologie: KSGL arbeitet mit Vista zusammen

Die Augenheil-Gruppe wird nächstes Jahr die entsprechenden Behandlungen und Operationen im Kantonsspital Glarus übernehmen.

image

Was KPMG den Solothurner Spitälern rät

Die Beratungsfirma erarbeitete für die Kantonsregierung einen Bericht: 14 Massnahmen, um die Kantonsspital-Gruppe fit zu machen. Ein Hauptthema sind die eher überdurchschnittlichen Löhne.