Psychotherapie: Santésuisse spricht von Kostenexplosion

Die Krankenkassen fordern einen tieferen Tarif für psychologische Psychotherapeuten. 

, 25. November 2024 um 15:15
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Symbolbild: Mathieu Stern on Unsplash
Seit psychologische Psychotherapeuten selbstständig zulasten der Grundversicherung tätig sein dürfen, stiegen die Kosten dafür um rund 350 Millionen Franken: Es war ein Sprung um über 30 Prozent. Dies rechnet nun der Krankenkassenverband Santésuisse vor.
Seit Sommer 2022 gilt für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten das neue Anordnungsmodell. Weil noch kein gesamtschweizerischer Tarif vorlag, verfügten die Kantone damals einen provisorischen Stundensatz von 154.80 Franken. Davor war der Wert im Schweizer Schnitt bei 133 Franken gelegen.
Laut den Berechnungen der Krankenkassen führte vor allem diese Erhöhung zum Sprung bei den Gesamtkosten. Der Bundesrat hatte bei der Einführung noch ein mittelfristiges Kostenwachstum von etwa 100 Millionen Franken erwartet; und langfristig werde der Zuwachs mit rund 170 Millionen Franken betragen.
Heute aber belaufen sich die jährlichen Gesamtkosten für ambulante psychologische oder psychotherapeutische Behandlungen auf gegen 900 Millionen Franken.

Drohung mit Rückforderungen

Ganz überraschend ist das nicht. Bereits im Mai dieses Jahres hatte der erste Monitoring-Bericht des BAG ergeben, dass die Kostenzunahme nach dem Systemwechsel bei etwa 175 bis 200 Millionen Franken liegen dürfte – und dass gut die Hälfte davon auf den neuen, höheren Tarif zurückzuführen sei.
Dass die Krankenkassen das Thema nun aufgreifen, liegt daran, dass der heute gültige Arbeitstarif demnächst ausläuft: Aufs Jahr 2025 hin müssen die kantonalen Behörden einen neuen Tarif festlegen.

Weitere Gründe

«Der Arbeitstarif muss dringend gesenkt werden», so das Fazit von Santésuisse – wobei der Verband auch warnt respektive droht: «Je länger die überhöhten Tarife andauern, umso höher wird das finanzielle Risiko der möglicherweise drohenden Rückzahlungen an die Versicherer.» Was wiederum zur Folge haben könnte, dass verschiedene Praxen in finanzielle Nöte geraten und ihre Tätigkeit nicht mehr fortsetzen könnten.
Allerdings ortete der Monitoring-Bericht des BAG noch diverse weitere Gründe für den Kostenanstieg in der Psychotherapie nach dem Systemwechsel – zum Beispiel die stetige Mengenzunahme oder das Bevölkerungswachstum. Ferner seien knapp 30 Prozent des Kostenanstiegs mit Verlagerungseffekten zu erklären; das heisst: Ansprüche aus dem Zusatzversicherungs- und Selbstzahlerbereich wanderten in den OKP-Bereich.
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