Deutsche Ärztin angezeigt - wegen Interview

Sie gab ein Interview zum Thema Schwangerschaftsabbruch. Deswegen ist eine deutsche Ärztin angezeigt worden. Möglich macht das der Paragraph 219a.

, 13. Oktober 2021 um 11:31
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Es war nur ein Interview: Die deutsche Ärztin Alicia Baier (30) sprach an einem öffentlichen Anlass über «self-ma­naged abortion», das heisst über medikamentöse Möglichkeiten zum Schwangerschaftsabbruch.

War das Werbung?

Und schon hatte sie eine Anzeige am Hals, wie die deutsche Zeitung «Taz» berichtete. Baier forderte nämlich: «Medikamentöse Abbrüche sollten selbstverständlicher Teil der Gesundheitsversorgung sein.» Das wurde ihr zum Verhängnis. Denn der Paragraf 219a des deutschen Strafgesetzbuchs verbietet Werbung für Schwangerschaftsabbrüche.
Schon mehrere Male wurden in Deutschland Ärzte und Ärztinnen angezeigt, weil sie auf ihren Websites über ihre Leistungen beim Schwangerschaftsabbruch informieren.

Anpreisung von Verfahren verboten

Der Gesetzesartikel 219a verbietet die Anpreisung von Verfahren, die zum Abbruch der Schwangerschaft geeignet sind, sofern dies wegen eines «Vermögensvorteils» oder in «grob anstössiger Weise» gemacht wird.
Alicia Baier ist Mitbegründerin und Vorstandsmitglied von «Doctors for Choice Germany», einem Verein von Medizinern, die sich für einen selbstbestimmten Umgang mit Sexualität und Familienplanung einsetzen.

Ärztinnen wollen den Artikel abschaffen

Mittlerweile ist das Verfahren gegen die Ärztin zwar mangels ausreichendem Anlass eingestellt worden. Doch Abtreibungsgegner nutzen den Paragrafen sehr häufig für Anzeigen. So häufig, dass Baier findet, es sei unmöglich, wahrheitsgemäss über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren.
Zwei deutsche Ärztinnen haben darum Beschwerde gegen den Paragrafen 219a beim Bundesverfassungsgericht eingelegt. Sie wollen erreichen, dass er gestrichen wird.

Schweiz: Unsachliche Werbung generell verboten

In der Schweiz existiert kein solcher Gesetzesartikel, der sich speziell auf Schwangerschaftsabbrüche bezieht. Hierzulande ist unsachliche Werbung im ärztlichen Standesrecht generell verboten.
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