Gesundheitskosten: Rezepte der Staatsmedizin sind Gift für die Transformation der Spitallandschaft

Unsere Gesundheitsversorgung muss nach der Pandemie gestärkt werden. Stattdessen mäandriert die Bundespolitik mit untauglichen Sparreformen und tendiert in Richtung Staatsmedizin. Es droht die Schwächung der Leistungserbringer und die Verhinderung der Transformation der Spitallandschaft.

, 5. Mai 2022 um 09:40
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Die Spitäler und ihre Mitarbeitenden haben während der Corona-Pandemie eine immense Kraft und Energie aufgebracht und dabei nicht nur ihre Kernaufgaben – die Behandlung kranker Menschen – erfolgreich erfüllt. Die Kader und Teams haben nebenher noch geplant, getestet, geimpft, vielerorts gebaut und den Wandel in der Branche aktiv mitgestaltet. Alle bemühen sich, mit der medizinischen Entwicklung und der Digitalisierung Schritt zu halten. Bevölkerung, Arbeitgeber und andere Verantwortungsträger haben in vielfältiger Weise ihren Dank für diese gewaltigen Leistungen signalisiert. 
Nicht so die Bundespolitik. Die dortigen Entwicklungen bereiten Spitalverantwortlichen die grössten Sorgen. Im Spitalbetrieb steigen die Kosten, die Tarife bleiben gleich oder sinken gar; die Politik verschlechtert laufend die Rahmenbedingungen – und die Spitalführungen stehen vor einer Aufgabe, die der Quadratur des Kreises gleichkommt.
Wie sollen die Spitäler beispielsweise ihre Pflegenden, wie von den Gewerkschaften gefordert, besser entlöhnen, wenn die Tarife von den Krankenkassen und neuerdings von der Finanzmarktaufsicht Finma gedrückt werden?
  • Wie sollen die Spitäler – wie im KVG festgehalten, von Experten empfohlen und von vielen Kantonen als Eigentümer eingefordert – genügend Erträge für die Erneuerung ihrer Infrastruktur erwirtschaften, wenn die wachsenden behördlichen Auflagen laufend zu höheren Aufwänden und Kosten führen?
  • Statt im medizinischen und pflegerischen Bereich müssen Spitalführungen heute in Administration und Support Personal aufstocken, um die rasch wachsenden Vorgaben von Zertifizierungsstellen, Behörden und Versicherern mittels Papier- und Datenkrieg zu bewältigen.
  • Kommen die neuesten Beschlüsse des Nationalrates zum Tragen, müssen die Spitäler künftig neben den Tarifen mit den Tarifpartnern auch um Fallmengen und Kostenziele ringen; als ob Krankheiten und Seuchen sich planen liessen.
  • Die Kassen wollten sich im letzten Herbst sogar das Recht herausnehmen, Verhandlungskoalitionen zu bilden, um die Spitäler in den Verhandlungen – quasi als Einheitskasse - besser an die Wand drücken zu können.
Der ökonomische Druck stellt die Führungskräfte auf allen Ebenen vor neue Herausforderungen. Die Bundespolitik verschärft diesen Druck ohne Rücksicht auf die Systemstabilität. Mittlerweile ist auch jenes Drittel der Spitäler gefährdet, welches bisher ökonomisch mit dem regelmässigen Erreichen der 10 Prozent Ebitda-Marge noch zukunftsfähig unterwegs war.

Transformation ermöglichen, statt via Staatsmedizin abwürgen

Neben all dem politischen Klamauk müssen die Häuser ihre Gesundheits- und Pflegeangebote zum Nutzen der Patienten verbessern und ihre Leistungen innovativ und effizient weiterentwickeln. Der wirtschaftliche Erfolg von Spitälern wird heute und künftig noch vermehrt über den Aufbau und die Orchestrierung von Wertschöpfungsnetzwerken – man redet von «Ecosystems» - realisiert. Darum ist bei den Führungskräften im Gesundheitswesen zunehmend die Fähigkeit gefragt, ein Change-Management aufzubauen: Es gilt, den Wandel zu beherrschen und mitzuprägen, indem wir über Berufsgruppen, Organisationseinheiten und Branchen hinweg denken und zusammenarbeiten.
Die meisten Spitalführungen haben die Zeichen der Zeit erkannt – die Leistungserbringung zum Wohle der Patientinnen und Patienten erfolgt zunehmend im Verbund. Integrierte Versorgung basiert heute auf Kooperationen von unterschiedlichen Versorgern und Zusammenarbeit mit innovativen Firmen, darunter auch Startups. Im Zentrum der Versorgungsnetze stehen oftmals Kantons- und Zentrumspitäler, die mit ihren Vor- und nachgelagerten Versorgern intensiv kooperieren. Sie verfügen dazu über das notwendige Spezialwissen als Zentrumsversorger. Anstelle der einsamen Hausarztpraxis mit dem allwissenden Hausarzt entstehen überall Gruppenpraxen, in denen auch Spezialangebote integriert werden. Hier können Spezialisten aus den Zentrumsspitälern helfen. Dort, wo es den grundversorgenden Regionalspitälern an Volumen und Spezialisten für bestimmte Behandlungen fehlt, helfen Kantons- und Zentrumsversorger auf vertraglicher Basis. So entstehen durch Kooperationen Win-win-Situationen für die Leistungserbringer und für die lokale Bevölkerung. Serviceplattformen für Spitäler mit gleichen Profilen werden in Zukunft dafür sorgen, dass die Spitäler sich vermehrt auf die Arbeit am Patienten konzentrieren; Supportleistungen werden aus den Serviceplattformen standardisiert und kostengünstiger als am einzelnen Haus erbracht. Damit wird auch die politische Forderung nach mehr Kooperationen und Synergienutzungen erfüllt.
Soll diese Transformation der Spitallandschaft gelingen, braucht es aber vernünftige politische Rahmenbedingungen. Diese erschaffen wir mit kluger Weiterentwicklung der neuen Spitalfinanzierung. Die Irrwege der Kostensparer per Planwirtschaft, Deckelung und Staatlicher Steuerung führen in ein Fiasko: Sie laborieren mit ihren Rezepten aus der Mottenkiste der Staatsmedizin das funktionierende System kaputt. 
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