Geht es nach dem Willen des Bundesrates, sollen Menschen mit psychischen Problemen künftig einfacher und schneller eine Psychotherapie erhalten. Der Bundesrat schlägt einen Systemwechsel vor. Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sollen künftig nicht mehr unter Aufsicht eines Arztes arbeiten müssen, sondern auf ärztliche Anordnung selbständig tätig sein können. Dieser am Mittwoch gefällte Entscheid geht nun in die Vernehmlassung. Diese dauert bis zum 17. Oktober.
Zu wenig Behandlungsplätze
Wer einen Behandlungsplatz für eine Psychotherapie sucht, musste bisher lange manchmal warten. Dass es Versorgungslücke gibt, bestätigt 2016 auch eine vom BAG in Auftrag gegebene Studie. Dies speziell bei den Angeboten für Jugendliche und Kindern. Der Bundesrat hat seither mehrfach bestätigt, dass Verbesserungen angezeigt sind.
Hauptgrund: Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten mussten unter Aufsicht und in den Räumlichkeiten einer Ärztin oder eines Arztes arbeiten. Diese Hürde war in der Praxis hoch. Als Folge davon arbeiteten viele der Therapeutinnen selbstständig - die Patienten mussten die Therapie in der Folge selbst bezahlen. Nötige Therapien wurden so zu einem Luxusgut.
Dennoch tat sich die Politik lange schwer mit einer Kurskorrektur. Eine 2013 eingeleitete Systemänderung verzögerte sich immer wieder. Und auch der neueste Anlauf schien bis vor Kurzem erneut zu stocken.
Wie Medinside publik machte, kam im letzten Spätherbst dann aber Bewegung in die Situation. Diese gipfelt nun im Zwischenentscheid des Bundesrates.
So werden die Kosten im Griff gehalten
Dieser sieht vor, dass psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ihre Leistungen künftig selbständig im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erbringen können. Voraussetzung ist eine entsprechende Qualifikation, eine Berufsausübungsbewilligung des Kantons sowie die Anordnung der Psychotherapie durch eine (Haus)Ärztin oder einen (Haus)Arzt -so wie dies beispielsweise bereits im Bereich der Physiotherapie der Fall ist.
Der Bundesrat schlägt gemäss Mitteilung diverse Massnahmen vor, um ungerechtfertigte Mengenausweitungen zu vermeiden und die Koordination zwischen Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zu fördern. So sind pro ärztliche Anordnung maximal 15 Sitzungen möglich. Die Anzahl Sitzungen, bis mit dem Versicherer Rücksprache genommen werden muss, wird zudem sowohl für die psychologische als auch die ärztliche Psychotherapie von bisher 40 auf 30 reduziert.
Der Bundesrat schreibt weiter, er gehe aufgrund von Schätzungen davon aus, dass heute privat bezahlte Leistungen im Umfang von rund 100 Millionen Franken künftig über die OKP abgerechnet werden. Längerfristig dürfte diese Zahl im Zusammenhang mit der Verbesserung der Versorgung noch etwas ansteigen.
So reagieren die Psychologinnen
Die Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP) «begrüsste» in einer Mitteilung den Entscheid des Bundesrates. Dieser löse damit «ein altes Versprechen ein.» Ein «wichtiger Meilenstein für die Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung in Griffweite.» Das heutige Modell sei überholt.
Die FSP fordert, dass die vorgeschlagene Verordnungsänderung bald in Kraft gesetzt wird. Wichtig sei zudem, dass der Zugang zur ambulanten Psychotherapie möglichst niederschwellig gewährleistet wird. «Mit der neuen Verordnung dürfen keine neuen Hürden geschaffen werde» wird FSP- Co-Präsident Stephan Wenger zitiert. «Das wäre für die Betroffenen fatal.»