Zuerst fürchtete sich der 34-jährige Assistenzarzt am Zürcher Triemlispital vor einem Flirt am Arbeitsplatz. Denn die 36-jährige Oberärztin, in die er sich verliebt hatte, war seine Chefin. Er wagte es trotzdem, und war erfolgreich. Er habe ihr eine Einladung fürs Ballett «Romeo und Julia» ins Personalfach gelegt, schildert die Oberärztin im «NZZ Folio» zum Thema «Sie&Er» ihr Kennenlernen.
In der Chirurgie stärker auf das Wohlwollen der Ranghöheren angewiesen
Es sei ihr wichtig gewesen, dass sie damals in der Rheumatologie gearbeitet hätten, sagt sie heute. Dort gehe es weniger kompetitiv und hierarchisch zu und her. «Man ist nicht so stark auf das Wohlwollen der Ranghöheren angewiesen wie in der Chirurgie.» Dort gehe es darum, wer operieren dürfe. Das heisst: Sie hätte ihre Position als Oberärztin eher ausnützen können, wenn ihr dort ein Assistenzarzt gefallen hätte. Das wollte sie aber nicht.
Ihr Partner vermutet: Bei umgekehrten Rollen – das heisst ein älterer Oberarzt flirtet mit einer jüngeren Assistenzärztin – hätte es den einen oder anderen dummen Spruch gegeben. Obwohl es nicht aussergewöhnlich ist, dass sich Paare am Arbeitsplatz, das heisst also auch im Spital, finden. Das Spital, so der Mann, sei überhaupt ein guter Ort, um jemanden kennenzulernen. «Man arbeitet lange, es hat viele junge Leute, die Zusammensetzung der Teams wechselt durch die Schichten immer wieder.»
Im Spital muss man weniger häufig mit einer Abfuhr rechnen als in einer Bar
Ausserdem habe man in ihrem Team viel zusammen unternommen. Da sei es auch weniger schwierig, jemanden anzusprechen, als etwa in einer Bar. Dort wisse man nie, ob jemand nicht schon vergeben sei und man eine Abfuhr bekomme. Im Spital finde man hingegen schnell heraus, wer mit wem in den Ferien gewesen sei.
Die Oberärztin pflichtet ihm bei: An früheren Arbeitsorten sei es zum Teil «ziemlich flirty» zu- und hergegangen. Nur habe sie zuvor nie Interesse an jemandem aus dem Spital gehabt.
Dass sich Ärzte und Ärztinnen auf der Partnersuche von Nicht-Mediziner unterscheiden, hat vor einiger Zeit auch die
Umfrage einer Online-Partnervermittlung ergeben. Die Firma will in Deutschland herausgefunden haben, dass unter anderem regelmässige Sexualität für Ärztinnen und Ärzte wichtiger sei als für andere Berufsgruppen.